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Feld mit Mohnblumen

Genetische Vielfalt sichern

Die Erhaltung der genetischen Vielfalt im Pflanzenreich ist von entscheidender Bedeutung. Denn es dient beispielsweise als Reservoir für potenzielle Inhaltsstoffe für neue Pharmazeutika oder als Gen-Quelle für die Züchtung von Kulturpflanzensorten mit neuen Eigenschaften.

Wir sprechen deswegen von Pflanzengenetischen Ressourcen, die es zu schützen, zu evaluieren und zu nutzen gilt. Schon kleinste Unterschiede im Genom einer Pflanze können darüber entscheiden, ob sie gegen Mehltau resistent ist, ob sie lange Trockenperioden übersteht oder ob sie bestimmte Inhaltsstoffe aufweist. Daher ist es unerlässlich, nicht nur die derzeit wichtigsten Kultursorten zu sichern, sondern auch das gesamte Spektrum einer Art und ihre nächsten Verwandten zu bewahren. Siehe dazu auch das Thema "Pflanzenzüchtung", vor allem bei "Pflanzengenetische Ressourcen".

Sammeln und Erhalten

Ob Äpfel aus dem Nordkaukasus oder Weinreben von der Ostküste der USA, klassische Sammelreisen führen unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in weltweit verstreute Anbaugebiete und zu den Herkunftsgebieten unserer Kulturpflanzen. Genom und Inhaltsstoffe der mitgebrachten Exemplare werden im heimischen Labor analysiert und beschrieben. Anschließend werden sie für weitere Experimente oder eine spätere Verwendung in der Zucht in die JKI-eigenen Genbanken aufgenommen.

Bei der vorhandenen Vielfalt an Kulturpflanzen sind eine dauerhafte Sortenerhaltung und die damit verbundene umfassende Bearbeitung nur durch Arbeitsteilung zwischen verschiedenen Institutionen möglich. Das JKI ist auf einige Obstarten (u. a. Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume, Erdbeere) und die Weinrebe spezialisiert und hält Zuchtmaterial in eigenen Genbanken vor. Zudem koordinieren wir die Deutsche Genbank Obst (DGO) und die Deutsche Genbank Reben (DGR), die beide als dezentrale Netzwerke mit Partnereinrichtungen organisiert sind.

In Dresden-Pillnitz betreiben wir eine eigene Obst-Genbank, in der Bäume von Zuchtsorten und verwandten Wildarten gepflegt werden. Hier finden sich u.a. 830 Apfelsorten, 280 Erdbeersorten und 100 Sauerkirschsorten. Zusätzlich werden vermehrungsfähige Pflanzenteile von Apfel- und Erdbeersorten bei -196°C in flüssigem Stickstoff gelagert, in der so genannten Kryokonservierung. Diese dienen als Sicherungskopien, falls Unwetter, Schädlinge oder andere Widrigkeiten die Genbank-Pflanzen vernichten sollten. Unser Institut für Rebenzüchtung in Siebeldingen hält in der institutseigenen Genbank Rebe etwa 3.600 Akzessionen der Weinrebe vor. Beiden Sammlungen werden ständig wiederentdeckte alte Sorten und neu gesammelte Wildarten hinzugefügt. Dazu werden die oben genannten Sammelreisen in die Gen-Zentren der Obstarten unternommen.

Das JKI ist seit Mai 2019 die fachliche Koordinationsstelle des Netzwerkes Wildsellerie („Fachstelle Wildsellerie“). Die Fachstelle unterstützt lokale Akteure bei der Erhaltung von Wildselleriepopulation im natürlichen Lebensraum und unterstützt die Sammlung von Saatgut und anschließende Einlagerung in Genbanken. Sie entwickelt wissenschaftliche Konzepte für die kombinierte Ex-situ- und In-situ-Erhaltung von Wildpflanzenarten für Ernährung und Landwirtschaft und unterstützt deren Umsetzung.

Teilen und Vernetzen

Die JKI-Sammlungen sind keine Museen mit geheimen Archiven. Da langfristige Erhaltung am besten durch Weiterverbreitung und Nachnutzung sichergestellt ist, geben wir Pflanzenmaterial aus Teilen unserer Sammlungen an andere nationale und internationale Institutionen ab. Einzelne Pflanzen unserer Neuzüchtungen werden z. T. auf Bestellung sogar direkt versendet, wenn sie noch nicht in den Baumschulen vorgehalten werden. Siehe dazu auch Institut für Züchtungsforschung an Obst, Infobox  "Materialabgabe Obstreiser" und Institut für Rebenzüchtung, Infobox  "Formblatt Edelreiser".

Wir geben nicht nur Pflanzen selbst, sondern auch unser Wissen über sie weiter, beispielsweise über ihre Verbreitung und das Vorkommen von ursprünglichen Wildarten. So etwa über den heimischen Holzapfel, der im Osterzgebirge vorkommt, die Wildrebe, die nur noch auf der Rheininsel Ketsch wächst oder die vier in Deutschland vorkommenden Wildselleriearten, die in unterschiedlichem Maße gefährdet sind. In zahlreichen öffentlichen Datenbanken und auf Websites kann man sich über die oft international angelegten Sammlungs-, Kartierungs- und Schutzprojekte zu den am JKI bearbeiteten Kulturpflanzen informieren.

Um unsere Sammlungen möglichst umfangreich zu gestalten, arbeiten wir eng mit den Forschungsinstituten in Ursprungsländern zusammen. Dabei werden nicht nur Pflanzen, sondern auch das Wissen über deren Eigenschaften ausgetauscht. Auch der Kontakt zu Experten auf dem Gebiet der Systematik, der genetische Analysen und der Konservierung ist wichtig. Das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (http://www.ipk-gatersleben.de/) mit seinen über 151.000 Saatgut- und Pflanzenmustern in Gatersleben und seinen Außenstandorten ist hier ein wichtiger Ansprechpartner.

Austausch ist nicht nur bezüglich der wissenschaftlichen Arbeit nötig, sondern auch um dringende Aufgaben und künftige Arbeitsfelder zu bestimmen. JKI-Forscher wirken daher in nationalen und internationalen Gremien wie beispielsweise dem europäischen Kooperationsverbund für pflanzengenetische Ressourcen, kurz ECPGR (http://www.ecpgr.cgiar.org/) mit oder repräsentieren Deutschland in der internationalen Wheat-Initiative http://www.wheatinitiative.org/.