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Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau

Aktuelles

Nachlese zum JKI-Fachgespräch „Flavescence dorée – Aktueller Wissensstand, Monitoring und Diagnose“ am 11. Mai 2021

Phytoplasmen sind zellwandlose Bakterien, die als obligate Zellparasiten im Phloem von Pflanzen und in pflanzensaugenden Insekten leben. Die wichtigsten Phytoplasmosen der Weinrebe sind die Flavescence dorée (FD) und die Schwarzholzkrankheit (Bois noir, BN). Sie verursachen Blattverfärbungen und Blattrollen und führen zu mangelnder Ausreife der Rebtriebe. Trauben, die sich an infizierten Stöcken bilden, sind welk und von mangelhafter Qualität und für die Weinproduktion nicht geeignet. Kranke Stöcke kümmern, können sich jedoch auch wieder erholen. Ihre Vitalität ist jedoch über längere Zeit beeinträchtigt. Obwohl sich die verschiedenen Phytoplasmosen in ihren Symptomen nicht unterscheiden, sind sie von unterschiedlicher wirtschaftlicher Bedeutung im Weinbau. BN kommt in Wildkräutern vor und wird durch Zikaden, die an diesen leben, auf Reben übertragen. Auf weitere Reben breitet sie sich nicht aus. Dagegen lebt der Überträger (Vektor) der FD, die aus Nordamerika eingeschleppte Zikade Scaphoideus titanus, ausschließlich an Reben und verbreitet dadurch die Krankheit epidemisch in den Weinbergen. Die FD-verursachenden Phytoplasmen sind daher in der EU als Quarantäneschaderreger eingestuft, und ihre Bekämpfung ist obligatorisch. Kranke Reben oder ganze Weinbergsparzellen sind zu roden, und der Vektor muss in Befallsgebieten mit Insektiziden bekämpft werden – Maßnahmen, die unerwünschte Konsequenzen für den integrierten und ökologischen Weinbau haben und sich negativ auf den Naturhaushalt auswirken können.

In Deutschland wurde die FD in Weinbergen erst ein einziges Mal im Jahr 2020 festgestellt. Auch die Amerikanische Rebzikade wurde bisher nicht nachgewiesen, hat sich jedoch inzwischen in benachbarte Weinbaugebiete ausgebreitet. Die Überwachung sowohl von FD als auch ihres Vektors ist ein wichtiges Element der Vorbeugung, da Ausrottungs- oder Eindämmungsmaßnahmen nur effektiv sein können, wenn Vorkommen der Schaderreger frühzeitig erkannt werden.

Das Julius Kühn-Institut (JKI) veranstaltete am 11. Mai auf Initiative des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) ein Online-Fachgespräch mit dem Titel „Flavescence dorée – Aktueller Wissensstand, Monitoring und Diagnose“. Es referierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des federführenden JKI-Instituts für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau, des JKI-Instituts für nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit sowie des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Rheinpfalz. JKI und DLR Rheinpfalz bearbeiten gemeinsam das vom BMEL finanzierte Forschungsprojekt „FlavePrevent“. Ergebnisse dieses Projekts zu Methoden der Überwachung und Diagnose der FD wurden ebenfalls vorgestellt.

Rund 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Pflanzen- und Rebschutzdienste der Bundesländer, der Weinbaufachberatung, der Pflanzgutüberwachung und des BMEL sowie Fachkollegen aus Luxemburg nahmen an der Veranstaltung teil.

Zunächst wurde der aktuelle Wissenstand zu den Erregern und Überträgern der FD, den Übertragungswegen, Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen dargestellt. Aktuelle Forschungsergebnisse legen nahe, dass die FD sich aus dem Zusammentreffen des eingeschleppten Vektors Scaphoideus titanus mit europäischen Phytoplasmen aus Erlen entwickelte. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, das Verschleppen von Schaderregern zu verhindern. Einheimische Zikadenarten aus derselben Unterfamilie wie S. titanus können zwar FD-Phytoplasmen von Erlen übertragen, für die Weiterverbreitung in den Weinbergen ist jedoch allein dieser Vektor verantwortlich. Weiterhin wurden im ersten Themenblock die pflanzengesundheitlichen Regelungen der EU zur FD in Bezug auf die Anforderungen an das Verbringen von Rebenpflanzen und die Eingrenzung des Befalls dargestellt. In der Diskussion wurde besonders die unzureichende Verfügbarkeit wirksamer Pflanzenschutzmittel gegen den Vektor der FD wie auch gegen eingeschleppte Schaderreger im Allgemeinen thematisiert. Damit der Weinbau in Verbreitungsgebieten des Vektors, in denen auch das Pathogen auftritt, erhalten werden kann, sind zwingend hochwirksame Maßnahmen gegen die Zikaden erforderlich. Andernfalls bleibt als Alternative nur, auftretenden Pathogenbefall frühzeitig zu erkennen und die befallenen Pflanzen umgehend zu vernichten, bevor der Erreger sich weiter ausbreiten kann.

Entsprechend war die Überwachung der FD und ihres Vektors ein weiteres Themengebiet des Fachgesprächs. Auch hier wurden die EU-Vorgaben zur Überwachung dargestellt, gefolgt von Empfehlungen, wie diese umgesetzt werden können, und Ergebnissen aus dem Forschungsprojekt FlavePrevent. In allen untersuchten Weinbaugebieten wurden überwiegend BN-Infektionen neben einem geringen Anteil von Reben festgestellt, die von FD-verwandten Phytoplasmen infiziert waren. Nur eine Rebe in der Nähe infizierter Erlen war von der FD befallen und wurde gerodet.

Der dritte Teil des Fachgesprächs war der Diagnose der FD und ihres Vektors gewidmet. Hier wurden zunächst die Aufgaben des JKI als Nationales Referenzlabor für Schadorganismen an Pflanzen und speziell die Aufgaben zur Phytoplasmadiagnose erläutert. Eine Reihe weiterer Vorträge widmete sich eingehend den verfügbaren Diagnoseverfahren und den im Rahmen des FlavePrevent-Projekts gewonnenen Erfahrungen. Hierbei wurde auf weiteren Forschungsbedarf zu praxistauglichen Verfahren zur Differenzierung zwischen FD- und eng verwandten nicht-FD-Phytoplasmen hingewiesen.

Die Beiträge und Diskussionen während des Fachgesprächs beleuchteten nicht nur die komplexe Epidemiologie der Flavescence dorée unter Berücksichtigung wilder Wirtspflanzen und der Vektoren, sondern betonten auch, wie wichtig die Überwachung ist, damit die Krankheit frühzeitig bekämpft werden kann. Weiterer Forschungsbedarf besteht besonders bei der Optimierung von Überwachungsmaßnahmen sowie der einfachen Unterscheidung zwischen dem Quarantäneschaderreger FD-Phytoplasma und verwandten Phytoplasmen. Um diesem Forschungsbedarf gerecht zu werden, finanziert das BMEL zwei neue Forschungsprojekte (VectoScreen, PhytoMo) zu innovativen Monitoringmethoden. Ziel der Projekte ist es, die Effizienz bei der Überwachung von Phytoplasmosen und ihren Vektoren zu verbessern.

Weitere Informationen zu den Projekten hier https://www.julius-kuehn.de/aktuelles/aktuell/news/bundesministerin-kloeckner-uebergibt-foerderbescheide-fuer-neue-jki-forschungsprojekte-zu-quarantaenekran/

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