Fast 150 Teilnehmende aus Wissenschaft, Verbänden, Unternehmen und Behörden nahmen an der europäischen Online-Tagung „Way forward in organic health care strategies“ teil. Die Veranstaltung wurde gemeinsam von JKI, BÖLW und IFOAM organisiert. Neben den wichtigsten europäischen Ländern kamen Teilnehmer auch aus Indien, Türkei, Ecuador, Usbekistan, Marokko, Israel und Simbabwe.
Die aus der ehemaligen „Kupfertagung“ hervorgegangene Veranstaltung widmete sich am ersten Tag dem Wirkstoff Kupfer als Pflanzenschutzmittel, von Monitoringdaten und regulatorischen Entwicklungen bis zu den neuesten Erkenntnissen zu Alternativen und Minimierungsstrategien. Matthias Weidenauer von der EU Copper Task Force wies auf mögliche technische Verzögerungen der Wiedergenehmigung von Kupfer nach Ablauf der derzeitigen Wirkstoffgenehmigung 2025 hin. Regulatorische Änderungen, die den Status von Kupfer als Substitutionskandidat verändern könnten, wurden erläutert.
Kupferaufwand orientiert sich an Befallssituation
Die Kupferdaten des jährlichen Kupfermonitorings von vier ökologischen Anbauverbänden Deutschlands und der LfL zeigten, dass sich die Aufwandmengen eng am tatsächlichen Befall orientieren. So waren in trockenen, günstigen Jahren deutliche Einsparungen möglich, während im schwierigen Jahr 2021 in mehreren Kulturen wieder höhere Aufwandmengen nötig waren – allerdings weiterhin im Rahmen der in der Kupferminimierungsstrategie vereinbarten Höchstmengen. Interessante Studien zeigten, dass die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im ökologischen Obstbau als typische Tankmischungen kein Risiko für den Bienenschutz darstellen. Neue Forschungen zu mikrobiellen Pflanzenschutzmitteln auf Basis von Lysobacter enzymogenes mit Potential zum Kupferersatz, sowie Mittel aus Rebholzextrakten und Hefestämmen wurden vorgestellt. Spannend waren auch die Visionen, die Apfelbauern der Fördergemeinschaft ökologischer Obstbau für einen perspektivisch kupfer-freie Anbausysteme entwickelt haben.
Pflanzenschutz weiter denken - Züchtung und alternative Pflanzenschutzstrategien
Der zweite Tagungstag widmete sich Gesunderhaltungsstrategien im ökologischen Pflanzenbau. Somit reichte die Themenvielfalt von ökologischer Züchtung über systemischen Strategien im Apfel- und Tomatenanabau oder das Mikrobiom in Weinbergböden bis hin zu den teilweise unerwarteten Effekten von Blattrandkäferbefall in Ackerbohnen auf die Fruchtfolge. Die wiederkehrende Forderung nach mehr systemischer Forschung fasste Natalia Riemer von der Uni Kassel zusammen: “Wenn wir modernen Schädlingsregulierung wollen, müssen wir die Ökologie des Gesamtsystems besser verstehen.“
Den Abschluss der Tagung bildete eine Paneldiskussion mit Vertretenden der EU Kommission, IFOAM Organics Europe und der International Biocontrol Manufacturers Associaton. Die Diskutanten waren sich einig, dass es weitere Maßnahmen braucht um Naturstoffe als Wirkstoffe zu fördern, u.a. durch eine angepasste Risikoprüfung. Diskutiert wurde zudem die Sustainable Use Regulation und mögliche Anpassungen des darin vorgeschlagenen Erfolgsindikators.
JKI-Beteiligung
Das JKI war mit zwei Vorträgen aus den Fachinstituten für Bienenschutz und für biologischen Pflanzenschutz vertreten, sowie durch die Vorstellung von drei weiteren Forschungsprojekten mit JKI-Beteiligung. Das Institut für Strategien und Folgenabschätzungen und die Stabsstelle für ökologischen Landbau waren an der Organisation der Moderation des Gesamtprogramms und der Diskussionen beteiligt.
Die Vorträge werden demnächst unter https://www.boelw.de/news/way-forward-in-organic-plant-health-care-strategies-2023/ online gestellt und die Ergebnisse des Kupfermonitorings sollen im Wissensportal https://wissen.julius-kuehn.de/kupfer/ zusammengefasst werden.