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Inhalt: Nachlese zum JKI-Fachgespräch „Biodiversität im Obstbau“ am 4. Mai 2021

Wissenschaft und Forschung haben in der vergangenen Dekade einen signifikanten Rückgang der Biodiversität festgestellt. Dabei kommt dem Verlust von Insektenarten eine besondere Bedeutung zu. Denn Insekten sind für eine Vielzahl von Ökosystemdienstleistungen wie etwa als Fressfeind oder Beute sowie als Bestäuber unverzichtbar. Biodiversität, ihr Erhalt und ihre Förderung in der Kulturlandschaft nehmen breiten Raum in der öffentlichen Diskussion ein und stehen im Fokus der Politik. Bisher konzentrieren sich Förderprojekte und Bestandsaufnahmen meist auf die biologische Vielfalt in großflächigen Agrarlandschaften mit ihren wechselnden, einjährigen Kulturpflanzen. Jedoch sollten die Dauerkulturen wie Obstanlagen nicht unterschätzt werden, denn ihre langjährige Struktur ermöglicht die Ausbildung stabiler Lebensgemeinschaften. Je nach Nutzungsintensität kommt dem Obstbau eine besondere Rolle für die Biodiversität zu – sowohl in den Anlagen selbst als auch für die sie umgebende Landschaft.

Um diese Rolle weiter auszuloten, veranstaltete das Julius Kühn-Institut (JKI) auf Initiative des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) am 4. Mai 2021 ein Online-Fachgespräch zum Thema „Biodiversität im Obstbau“. Unter Federführung des JKI-Instituts für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau in Dossenheim und in Zusammenarbeit mit dem JKI-Institut für Biologischen Pflanzenschutz in Darmstadt fand ein reger Austausch zu Möglichkeiten des Biodiversitätserhalts in der Kulturlandschaft statt, bei dem besonders der positive Beitrag des Obstbaus diskutiert wurde.

Ziel dieses Fachgesprächs war, den Kenntnisstand zur biologischen Vielfalt im Integrierten und Ökologischen Obstbau vorzustellen und daraus Handlungs- und Forschungsbedarf zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität abzuleiten sowie die weitere nachhaltige Ausrichtung des Obstbaus zu definieren. Dafür wurden acht Expertinnen und Experten für Biodiversitätsfragen aus Forschung, Pflanzenschutzberatung und Obstbaupraxis zu Vorträgen eingeladen. Die von ihnen präsentierten Arbeiten reichten von Erhebungen des aktuellen Zustandes zur Diversität in Obstanlagen über Methoden für die Erfassung und das Monitoring des Insektenvorkommens in Obstbaubetrieben bis zu bereits erprobten Produktionsmaßnahmen zur Förderung von Bestäuberinsekten und natürlichen Gegenspielern von Obstschädlingen. Auch direkt umsetzbare Ideen und Effekte einer Habitatgestaltung mit Hilfe von Blühstreifen, Spontanvegetation, Hecken und anderen Strukturelementen im Umfeld der Anlagen wurden vorgestellt.

Die mehr als 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus der Forschung zur angewandten Entomologie, Biodiversität und Pflanzenschutz sowie aus Fachbehörden für Pflanzenschutz, Naturschutz und Landschaftspflege und aus dem BMEL. Sehr begrüßt wurde die Teilnahme von Kolleginnen und Kollegen aus der Pflanzenschutzfachberatung des gesamten Bundesgebietes sowie von Organisationen zur Förderung des ökologischen Obstbaus.

An die Vorträge schloss sich eine einstündige Diskussion an. Dabei stellte sich heraus, dass es bereits eine Vielzahl an Aktivitäten gibt, diese aber auf die Bedürfnisse und an die Gegebenheiten der einzelnen Obstbaubetriebe angepasst werden müssen, damit sie praktisch umsetzbar sind. Das gilt für alle Anbauformen des Obstbaus. Deshalb wurde vorgeschlagen, einen Maßnahmenkatalog zu entwickeln, aus dem sich Praxisbetriebe die für sie passenden Werkzeuge gezielt auswählen können. Wichtig ist hierbei, die Obstbauberatung als wichtiges Bindeglied zwischen Forschung und Praxis einzubinden. Es bestand Konsens, dass das dargestellte umfangreiche Wissen über die vorhandene biologische Vielfalt im Obstbau in Deutschland noch mehr in die Praxis und auch verstärkt in die Öffentlichkeit getragen werden muss.
Das Fachgespräch zeigte, dass der Pflanzenschutz unverzichtbar für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Obstbaus ist, machte jedoch auch deutlich, dass der integrierte Pflanzenschutz, wie er in Deutschland praktiziert wird, bereits seit vielen Jahren gezielt auf die Förderung von Nutzorganismen, Bestäubern und den Erhalt der Biodiversität ausgerichtet ist. Gleichwohl müssen die einzelnen obstbaulichen Pflanzenschutz- und Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität immer wieder aufs Neue aufeinander abgestimmt werden. Es besteht dringender Forschungsbedarf, um den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel mittel- bis langfristig weiter zu minimieren und damit einhergehend den Einsatz neuartiger Mittel und Maßnahmen optimal aufeinander abzustimmen.

Erfahrungen aus dem Weinbau und dem Erwerbsobstbau mit angrenzenden Streuobstlagen legten nahe, sich künftig verstärkt der Frage zu widmen, wie die umgebenden Landschaftsstrukturen die Biodiversität in den Obstanlagen beeinflussen und wie Fördermaßnahmen auf regionaler Ebene die Effekte verstärken. So belegen etwa Forschungsergebnisse aus der Schweiz, dass regionalisierte Einsaatblühmischungen zur Reduktion von Schadorganismen in Obstanlagen beitragen, vorausgesetzt diese werden an die lokalen Bodenverhältnisse und an die Lebensgemeinschaft von Pflanzen und Tieren angepasst.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren sich einig darüber, dass auch in Zukunft biodiversitätsfördernde Maßnahmen im Allgemeinen und die speziell im Obstbau gewünschten Ökosystemleistungen wie Bestäubung und Schädlingsregulierung wissenschaftlich begleitet werden. Zielführend für die Erfassung von Ergebnissen dieser Maßnahmen wäre hier die Etablierung eines dauerhaften Monitoringprogramms auf ausgewählten, repräsentativen Flächen unter Einbeziehung innovativer Methoden wie dem Metabarcoding. Dieses Biodiversitäts-Monitoring könnte auf den vorhandenen Aktivitäten aufbauen, diese vernetzen und vor allem verstetigen. Das Monitoring würde die Eignung einzelner Maßnahmen als Bausteine von praxistauglichen, nachhaltigen Produktionsverfahren im Erwerbsobstbau nachweisen und Fortschritte bei der Förderung der Biodiversität nachvollziehbar machen.

Hinweis

Kurzfassungen der Vortragsbeiträge des Fachgesprächs werden im Journal für Kulturpflanzen veröffentlicht. Die Ausrichtung eines weiteren Fachgesprächs zum Thema wird angestrebt.

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