Humboldt-Stipendiant Dr. Ayaovi Agbessenou möchte am Institut für Biologischen Pflanzenschutz Komponenten für ein umweltfreundliches RNAi-Spray zur Bekämpfung der Tomatenminiermotte entwickeln. Wir wollten wissen, was ihn antreibt.
Dr. Ayaovi Agbessenou möchte einen Weg finden, die Tomatenminiermotte Phthorimaea absoluta (früher bekannt als Tuta absoluta) zu bekämpfen. Bereits während seiner Doktorarbeit am International Centre of Insect Physiology and Ecology (icipe) in Kenia hat er sich unter der Leitung von Dr. Komivi Akutse und Dr. Fathiya Khamis sowie Prof. Abdullahi Yusuf mit systemischen Resistenzmechanismen von Pflanzen gegen Phthorimaea absoluta beschäftigt. In seinem Fall erforschte er insbesondere die Resistenzmechanismen, die durch pflanzliches Mikrobiom vermittelt werden.
2023 promovierte er an der Universität Pretoria in Südafrika, anschließend führte sein Weg direkt zum JKI-Institut für Biologischen Pflanzenschutz. Seit April 2023 forscht er mit dem zweijährigen Georg Forster-Stipendium als Postdoc am JKI, um an einem umweltfreundlichen, RNAi-basierten Pflanzenschutzmittel gegen das Schadinsekt zu forschen.
Da der Erhalt eines Stipendiums beides ist - eine Auszeichnung für die Forschung des Stipendiaten und eine Ehre für die Gastinstitution - wollten wir wissen, was den togolesischen Wissenschaftler antreibt.
1. Herr Agbessenou, wir sind neugierig: Was hat Sie in die Agrarforschung geführt? Besitzen Sie einen landwirtschaftlichen Hintergrund?
Ja, ich bin tatsächlich Landwirt und komme aus Ounabè in Akposso, einer Region in Togo. Die Leidenschaft für die Landwirtschaft habe ich von meinem Vater geerbt. Wir bauen unter anderem Fonio (Anm. d. Red.: altes, afrikanisches Getreide), Kaffee, Kakao, Bananen und verschiedene Gemüse- und Getreidearten an. Als ich älter wurde, wuchs in mir der Wunsch, zur Umgestaltung unserer landwirtschaftlichen Produktionssysteme beizutragen – daher habe ich mich für ein Studium der Agrarwissenschaften entschieden.
2. Bereits während Ihrer Promotion haben Sie sich mit der Tomatenminiermotte befasst, jetzt nutzen Sie Ihren PostDoc, um weiter zu forschen. Warum interessiert Sie dieses Schadinsekt so sehr?
Seit der unbeabsichtigten Einführung im Jahr 2008 hat sich Phthorimaea absoluta zur größten biotischen Bedrohung für die afrikanische Tomatenproduktion entwickelt. Es gefährdet die Existenz von Millionen von Landwirten und anderen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette auf dem gesamten Kontinent, auch in meinem Heimatland Togo.
Die Kleinbauern reagieren verzweifelt und setzen Cocktails aus synthetischen Pestiziden ein, um den Schädlingsbefall zu reduzieren. Der wahllose Einsatz synthetischer Insektizide hat jedoch aufgrund des unspezifischen Fressverhaltens der Larvenstadien und der raschen Entwicklung von Resistenzen gegen verschiedene Insektizide nur selten ein zufriedenstellendes Bekämpfungsniveau erreicht.
Die Öffentlichkeit ist zudem zunehmend besorgt über die Auswirkungen auf Nichtzielorganismen, die Umwelt und die menschliche Gesundheit. Daher besteht ein dringender Bedarf alternative Schädlingsbekämpfungsmethoden zu entwickeln und umzusetzen.
3. Sie erforschen den relativ neuen Ansatz der RNAi-basierten Schädlingsbekämpfung bei Nutzpflanzen. Was ist RNAi und wie funktioniert der Mechanismus? Wie wollen Sie es bei der Tomatenminiermotte einsetzen?
RNAi steht für "RNA-Interferenz", auch "RNA-Silencing" genannt - der Mechanismus an sich ist ein natürlicher Vorgang in zellulären Abwehrsystemen. Viren zum Beispiel können „feindliche“ dsRNA produzieren, um das Genom ihrer Wirtszellen zu verändern und Virenprotein produzieren zu lassen. Die Zellen des Wirtsorganismus versuchen das natürlich zu verhindern.
Infizierte Zellen verwenden daher eine andere Form von RNA (siRNA), die komplementär zur feindlichen RNA ist und diese bindet und blockiert - RNA-Interferenz. Außerdem spielen RNAi-Mechanismen auch bei der Unterdrückung der Genexpression in Organismen eine entscheidende Rolle.
Die Idee, RNAi im Pflanzenschutz einzusetzen, besteht darin, hochgradig sequenzspezifische RNA zu nutzen, um essenzielle Gene in einem Schädlingsorganismus zu blockieren bzw. auszuschalten.
Bei Phthorimaea absoluta wollen wir insbesondere das Larvenstadium ins Visier nehmen. Wenn wir auf Gene abzielen, die für das Wachstum des Insekts, z. B. für die Entwicklung oder die Fortpflanzung, unerlässlich sind, hat dies tödliche Folgen für den Organismus. Da RNAi-Sequenzen hochgradig genomspezifisch sind, sollten wir damit Schädlingsorganismen verlässlich selektiv bekämpfen können – ohne negative Auswirkungen auf Nichtzielarten zu haben.
4. Und wann haben Sie dann das erste Mal vom JKI gehört und beschlossen, dass Sie mit uns forschen wollen?
Das erste Mal habe ich 2012 vom JKI gehört, als ich meine Bachelorarbeit am International Institute of Tropical Agriculture (IITA) durchführte. Unter der Betreuung von Prof. Agbeko Tounou und Dr. Manuele Tamò, führte ich Versuche zur biologischen Bekämpfung des Bohnenzünslers Maruca vitrata, einem Hauptschädling der Augenbohne, durch. Prof. Christian Borgemeister, vom Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) in Bonn und ebenfalls mein Gastgeber, hat mich jedoch offiziell mit Prof. Johannes Jehle im Jahr 2021 bekannt gemacht. Beide genehmigten schließlich meinen Forschungsantrag.
Das JKI-Institut für Biologische Pflanzenschutz besitzt umfangreiche Erfahrung in der nachhaltigen Bekämpfung von Insektenschädlingen mit wirtschaftlicher Bedeutung. Zudem besteht Wissen darüber, wie Methoden zum Ausschalten von Insektengenen entwickelt werden. Das könnte in meinen Augen die Schädlingsbekämpfung revolutionieren.
Biologische Bekämpfungsmethoden gegen Phthorimaea absoluta im Team zu entwickeln und so dazu beizutragen den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, empfinde ich als Bereicherung. Eins meiner Ziele ist unter anderem am Ende meines Aufenthalts die neuesten und besten Gen-Silencing-Methoden einsetzen zu können - diese können dann meinem Heimatland zugutekommen.
Für mich persönlich geht es um Armutsbekämpfung und die Verbesserung der Lebensmittel- und Ernährungssicherheit in Afrika und der Welt– ein Teil des Puzzles ist es, die besten Optionen des integrierten Pflanzenschutzes zu entwickeln und anschließend anwenden zu können.
5. Das Institut befindet sich in einem malerischen Obst- und Weinanbaugebiet in Deutschland. Was gefällt Ihnen besonders an der Region Dossenheim/Heidelberg?
Ich lebe mit meiner Familie aktuell in Mannheim und wir haben in der Region bisher viele schöne Momente zusammen verbracht. Es gibt viele tolle Orte in Mannheim, aber unser Lieblingsplatz ist der Wasserturm. Ich mag die Landschaft, die Dossenheim und Heidelberg umgibt, sehr. Heidelberg ist ja auch bekannt für sein beeindruckendes Renaissance-Schloss – auch das haben meine Familie und ich bereits besucht.