Landwirtschaft und Biologische Vielfalt (Biodiversität) gehören zusammen, auch wenn dies auf den ersten Blick nicht so scheint. Meist ist auf Ackerflächen zunächst nur eine Kulturart auszumachen, nämlich die, die dort angebaut wird. Dass dieser Schein trügt, bemerkt man auf den zweiten Blick. Die heutige Landwirtschaft entwickelte sich über die Jahrtausende durch die gezielte Auswahl und Zucht „nützlicher“ Pflanzen. So entstanden aus den ursprünglichen Wildformen viele neue Kulturpflanzensorten. Mit der Entdeckung neuer Länder und Kontinente gelangten neue Arten zu uns und verbreiteten sich durch Reisen und Handel weiter. Dabei wurden und werden übrigens nicht nur erwünschte Organismen verbreitet. Die Vielfalt der Kulturpflanzen und der mit ihnen vergesellschafteten Organismen gedeiht bzw. lebt auf Feldern, Wiesen und Weiden sowie auf angrenzenden Strukturen wie Hecken und Feldrainen. Am JKI wird daran gearbeitet, die Vielfalt sowohl auf den Äckern als auch in angrenzenden Strukturen zu erfassen, zu bewahren und zu vermehren.
Am JKI sind wir nicht nur bestrebt, Kulturpflanzenvielfalt per se für die Zukunft zu sichern. Wir arbeiten auch daran, Anbautechniken zu verbessern und Pflanzenschutzmaßnahmen umweltfreundlicher zu gestalten. Wir versuchen Vielfalt direkt im Lebensraum zu erhalten. Für die Politik erarbeiten wir Empfehlungen, wie die biologische Vielfalt durch gezielte Agrarumweltmaßnahmen (Greening) verbessert werden kann. Dazu stellen wir vergleichende Feldversuche an und evaluieren die Wirkung der vorgeschlagenen Maßnahmen.
Im Mittelpunkt der Forschung zur Vielfalt in der Landwirtschaft am JKI steht die Agro-Biodiversität. Sie umfasst nicht nur die vom Menschen direkt ausgewählten und gezielt angebauten Kulturpflanzenarten und –sorten, sondern schließt die mit den Kulturpflanzen vergesellschafteten Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und ihre Lebensgemeinschaften ein. Hierzu gehören Wildkräuter, nützliche und schädliche Insekten, Pilze und Bakterien, Wirbeltiere (Mäuse, Vögel) und vieles mehr.
Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat in der Vergangenheit teilweise zur Verarmung dieser Vielfalt geführt. Es ist aber falsch anzunehmen, dass dies zwangsläufig so sein muss. Heute ist es ein vorrangiges Ziel des nachhaltigen Anbaus von Kulturpflanzen die biologische Vielfalt zu erhalten und zu verbessern. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass nachhaltige Pflanzenbausysteme widerstandsfähiger (resilienter) gegen Störungen wie z. B. Krankheiten und Schädlinge sind. Einige vom Menschen geschaffene landwirtschaftliche Systeme, etwa Streuobstwiesen oder Bergweiden, sind unter Umständen artenreicher als das potenzielle natürliche Ökosystem am selben Ort.