Inhalt: Biologische Vielfalt: Monitoring, Schutz und Förderung
Die Intensivierung der Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft geführt. Da artenreiche Pflanzenbausysteme widerstandsfähiger (resilienter) gegen Störungen wie Krankheiten und Schädlinge sind, soll dieser Trend nun umgekehrt werden. Das JKI erforscht, wie Agrarlandschaft und Pflanzenbau so gestaltet werden können, dass die biologische Vielfalt gefördert wird, ohne dabei die ökonomische Grundlage der Landwirtschaft zu gefährden.
Monitoring
Um den Zustand der biologischen Vielfalt zu erfassen (Monitoring), erarbeiten wir entsprechende Methoden. Zudem bewerten wir Maßnahmen, die unter anderem in der Nationalen Strategie für Biologische Vielfalt und der Ackerbaustrategie 2035 vorgesehen sind, auf ihre Effektivität. Schon einfache Mittel können einen messbaren Effekt haben. Sogenannte Lerchenfenster etwa, kleine bewirtschaftete Fläche mitten im Acker, machen für die in ihrem Bestand stark rückläufige Feldlerche einen großen Unterschied. Bei anderen Ansätzen wie Untersaaten im Getreidebestand ist jedoch kein unmittelbarer Gewinn für eine bestimmte Art messbar. Um die Effektivität solcher Maßnahmen abzuschätzen, suchen unsere Forscherinnen und Forscher nach Bioindikatoren wie zum Beispiel bestimmten Vogel- und Insektenarten oder seltenen Wildkrautarten, die leicht zu beobachten und zu zählen sind und zuverlässige Rückschlüsse auf die Artenvielfalt erlauben.
Verbundprojekt MonViA: Monitoring der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft
Projekt MonViA: Das 2019 gestartete Monitoring der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft (MonViA) erfasst die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft. An dem institutionsübergreifenden Verbundprojekt ist das JKI maßgeblich mit sieben Fachinstituten sowie der zentralen Datenverarbeitung beteiligt. Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft werden Methoden für ein bundesweites Biodiversitätsmonitoring erarbeitet. Darauf aufbauend soll MonViA eine Datengrundlage zum Status quo der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften schaffen und die wissenschaftlich fundierte Ableitung von Trends ermöglichen. Ein zusätzliches vertiefendes Monitoring zu (agrarraum)spezifischen Fragen lässt Rückschlüsse auf die Wirkung von agrarumweltpolitischen Maßnahmen und die zugrundeliegenden Ursache-Wirkungsbeziehungen zu.
Weitere Informationen auf der Projektseite MonViA.
Ansprechpartnerin MonViA am JKI
Schutz und Förderung von Nützlingen in der Agrarlandschaft
Viele Organismen erfüllen wichtige Aufgaben im Agrarökosystem - daher erforschen wir am JKI die gesamte Bandbreite der funktionellen biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft.
Bestäubung
Rund 80 Prozent der heimischen Obst- und Gemüsesorten sind auf die Bestäubung von Insekten angewiesen. Honig- und Wildbienen, Schwebfliegen und weitere Tierarten erbringen diese wertvolle Ökosystemdienstleistung, indem sie Pollen verteilen und dadurch bewirken, dass befruchtete Blüten Früchte ausbilden. Doch zuletzt hat eine Vielzahl von Studien gezeigt, dass die Zahl der Bestäuberinsekten in der Kulturlandschaft weltweit schwindet. Diesem Trend entgegenzuwirken, ist eines der Ziele unserer Forschung am JKI.
So untersuchen wir beispielsweise, wie sich mögliche negative Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Honigbienen und ihre wilden Verwandten vermeiden lassen. Dazu ermitteln wir nicht nur tödliche, sondern auch stark beeinträchtigende (subletale) Auswirkungen wie etwa Störungen des Orientierungssinnes. Akute Verdachtsfällen von Bienenvergiftungen untersucht die Untersuchungsstelle für Bienenvergiftungen des JKI für Imkerinnen und Imker kostenlos.
Gegenspieler von Schädlingen
Nützlinge sind nicht nur als Bestäuber bedeutsam in der Agrarlandschaft. Viele Insektenarten, Nematoden (Fadenwürmer), Bakterien und Co. leben räuberisch oder parasitieren landwirtschaftliche Schädlinge. Manche Schlupfwespen beispielsweise legen ihre Eier in Blattläusen ab. Die Larven ernähren sich dann von ihrem Wirtstier und töten es schließlich. Das JKI erforscht die Lebensweise der potentiellen Nützlinge und prüft, wie sie sich in der Agrarlandschaft fördern lassen. Das JKI-Fachinstitut für Biologischen Pflanzenschutz erprobt zudem den Einsatz von Gegenspielern von Pflanzen-Schadorganismen, um so Pflanzenkrankheiten gezielt zu bekämpfen.
Bodenmikrobiom und -lebewesen
Das Bodenmikrobiom gewinnt in der Pflanzenforschung zunehmend Aufmerksamkeit. Zu recht: JKI-Forschende konnten nachweisen, dass die Zusammensetzung des Wurzelmikrobioms einer Pflanze sich unter anderem auf die Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge und Krankheiten auswirkt.
Andere Arten wie etwa der Regenwurm als ökologischer Zeigerorganismus erfüllen weitere wichtige Ökosystemfunktionen. Das betrifft insbesondere die Bodenbildung, Mineralisation organischer Substanz und Denitrifikation, die für die Nährstoffversorgung der Kulturpflanze elementar wichtig ist.
Erfassung von Kleinstrukturen
Seit mehr als 20 Jahren quantifizieren JKI-Forschende Kleinstrukturen im Agrarraum mit Hilfe von Fernerkundungsdaten des Copernicus-Programms. Dazu zählen zum Beispiel um Feldrandgehölze und Hecken, Feldränder und -säume sowie um Kleingewässer. Für die landwirtschaftliche Produktion haben solche Flächen einen geringeren ökonomischem Wert, für die biologische Vielfalt ist ihre Bedeutung jedoch groß. Sie sind Schutzraum für Insekten, Vögel und weitere Organismen der Agrarlandschaft und damit Voraussetzung dafür, dass sich eine Anbaufläche nach pflanzenbaulichen Maßnahmen schnell regeneriert. Hecken und Feldrandgehölz verringern zudem die Wind- und Bodenerosion. Im Rahmen der Greening-Vorgaben der EU werden diese Areale häufig als sogenannte Ökologische Vorrangflächen (ÖVF) eingestuft, die aus Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gefördert werden können.
Solche Strukturen zu erfassen, zu erhalten und miteinander zu vernetzen, fördert den Biotopverbund und damit Biodiversität in den Agrarlandschaften. Die Kleinstruktur-Informationen sind nach Gemeinden am JKI in Datenbanken erfasst und werden im Bundesanzeiger veröffentlicht.