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Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und urbanem Grün

Wir unterhielten uns mit Dr. Ute Katharina Vogler, seit dem 1.8.2018 Leiterin des JKI-Instituts für Pflanzenschutz in Gartenbau und Forst.

Frau Vogler, es ist gar nicht so leicht, etwas über Sie herauszufinden. Beschreiben Sie uns bitte kurz Ihren Werdegang.

Ich komme aus Stuttgart, und für mich war schon immer klar, dass ich beruflich etwas mit Blumen und Pflanzen machen möchte. Nach dem Abitur habe ich an der TU München in Weihenstephan Gartenbauwissenschaften studiert. In meiner Bachelorarbeit ging es um den integrierten Pflanzenschutz im Rosenanbau, und in meiner Diplomarbeit arbeitete ich mit dem Pilz Ramulariacollo-cygni und seinen Toxinen. Nach dem Studium folgte die Doktorarbeit an der ETH Zürich in der Schweiz über multitrophische Interaktionen im Apfelsystem. Im Zentrum der Arbeit standen transgene und klassisch gezüchtete Apfelsorten und deren Resistenz oder Anfälligkeit gegenüber Apfelschorf und ob es einen Einfluss auf Nichtzielorganismen gibt. Anschließend habe ich mich bei Agroscope neun Jahre lang mit Schädlingen im Gemüsebau und mit dem Zulassungssystem für Pflanzenschutzmittel in der Schweiz beschäftigt. In dieser Zeit war ich auch als Dozentin für Hortikultur an der ETH Zürich beschäftigt.

Ihr Lebenslauf deckt schon eine Menge JKI-Themen ab. Wo liegen ihre Forschungsschwerpunkte?

Ich würde sagen, dass ich fachlich relativ breit aufgestellt bin und die Bandbreite von wissenschaftlicher Forschung bis zu praktischen Versuchen abdecke. Ein Schwerpunkt ist die Interaktion von Schadorganismen und Pflanze – dabei liegt das Ziel auf der Gesundheit der Pflanze, deren Schutz für mich im Vordergrund steht. Zierpflanzen, Gemüse, Baumschulen, Arznei- und Gewürzpflanzen, Hopfen, Urbanes Grün, Forst – all das sind Kulturen, die wir am Institut bearbeiten und erforschen. Hinzu kommen Schadorganismen, wie Insekten, Spinnentiere, Wirbeltiere, sowie Pilzkrankheiten inklusive Oomyceten und Bakterien. Das Institut ist sehr breit aufgestellt, was notwendig ist, um komplexe Systeme zu verstehen und zu erforschen. Diese Vielseitigkeitund gleichzeitige Spezialisierung gefällt mir.

Haben Sie Lieblingsthemen, mit denen Sie sich gerne stärker beschäftigen würden?

Viele Schadorganismen und ihre Interaktionen im Ökosystem, also mit Wirtspflanzen, Nichtwirtspflanzen und natürlichen Gegenspielern ergeben immer neue Fragestellungen, vor allem auch, weil sich äußere Einflüsse ständig ändern. Diese komplexen Zusammenhänge zu untersuchen und besser zu verstehen, um neue ganzheitliche Ansätze zur Schadensvorbeugung zu entwickeln, das sind aus meiner Sicht wichtige Themen. Diese werden bei uns am Institut bearbeitet und es freut mich, dass ich die Neugier und Faszination mit den Mitarbeitenden teile und wir uns fachlich austauschen und gegenseitig inspirieren.

An einer Universität ist man freier bei der Ausrichtung seiner Forschung als an einem Ressortforschungsinstitut, das auch gesetzliche Aufgaben wahrnimmt. Was hat sie dazu gebracht, sich auf eine solche Stelle zu bewerben?

Schon bei Agroscopewar dies ähnlich. Es gab einen jährlichen Prozess im „Forum Forschung Gemüse“, in den die gesamte Schweizer Gemüsebaubranche, also Berater, Produzenten, Verband, aber auch wir Wissenschaftler ihre Anliegen eingegeben haben. Das konnte dazu führen, dass sich Fragestellungen und Projekte innerhalb eines Jahres änderten, andere über viele Jahre fortgeführt wurden, immer auf die Anliegen und Bedürfnisse der Praxis ausgerichtet. Da ich zugleich auch Dozentin an der ETH war, konnte ich verschiedene Themen den Studierenden als Bachelor- oder Masterarbeit anbieten und dadurch die angewandte Forschung mit wissenschaftlichen Hintergrundinformationen ergänzen.

Der Wechsel an eine staatliche Behörde hat bei Ihnen keinen Kulturschock ausgelöst?

Nein, höchstens der Kulturschock Schwiizerdütsch– Hochdeutsch.

Sie kommen aus Süddeutschland, haben in der Schweiz gearbeitet, und jetzt sind Sie bei Grünkohl- essenden Norddeutschen gelandet. War da Anpassung notwendig?

Das Grünkohlessen habe ich dank Studienkollegen bereits in Weihenstephan kennengelernt, die Kohlfahrten organisierten. Der Schweizerdeutsche Name für Grünkohl ist übrigens Federkohl. Unter dem Neudeutschen Begriff „Kale“ wird Grün- bzw. Federkohl in der Schweiz als Snack oder in Säften und Smoothies angeboten. In Braunschweig habe ich den Grünkohl auch schon als Braunkohl gegessen.

Forst und Wald sind derzeit wichtiges Thema. Unser Ministerium und vor allem Bundesministerin Klöckner machen das ziemlich deutlich. Welche Auswirkungen hat dieses neue Interesse am Forst auf Ihr Institut?

Mein Ziel ist es, den Bereich Forst zu stärken und zu unterstützen. So konnten wir in diesem Jahr eine unbefristete Wissenschaftlerstelle im Bereich der Forstpathologie und Zulassung besetzen, ebenso wie eine Stelle für eine technische Assistenz. Zudem nutzen wir Synergien innerhalb des Instituts, um Projekte in diesem Bereich zu entwickeln und zu bearbeiten.

Derzeit wird sehr viel über Waldumbau durch klimaangepasste Arten gesprochen. Wie lauten die Empfehlungen aus Ihrem Institut?

Der Klimawandel erfordert Anpassungen in sämtlichen Kulturen und Systemen. Im Forst sind die Ausmaße des Klimawandels allerdings massiv sichtbar. Daher wird momentan viel diskutiert, was zu tun ist und wie die verschiedenen Maßnahmen umgesetzt werden können.
Im Forst sind einzelne Waldbaumarten, wie zum Beispiel die Fichte, oder ganze Waldökosysteme durch den Klimawandel gefährdet. Ein wichtiger Ansatz ist der Waldumbau hin zu klimaangepassten Mischwäldern. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Standort- und Klimabedingungen wird zukünftig eine größere Vielfalt an Baumarten wichtig werden. Beim Thema Waldumbau darf der Waldschutz nicht vernachlässigt werden, vielmehr muss er eine zentrale Rolle einnehmen. Krankheiten und Schädlinge, die bisher wenig Bedeutung hatten, können durch veränderte Bedingungen schädigend auftreten. Wald ist ein komplexes System und je nach Standort und Zusammensetzung wird das gesamte Ökosystem beeinflusst. Auch der Gartenbau beobachtet mit Interesse den Waldumbau. Momentan sind Stoffe zur Minimierung des Torfanteils in Substraten ein wichtiges Thema, um im Sinne des Klimaschutzes Ersatzstoffe für Torf zu finden und Moore zu renaturieren. Solche Ersatz- und Zusatzstoffe sind Rinden- oder Holzprodukte – aber immer von Nadelholz, da es pflanzenbaulich für diesen Zweck bessere Eigenschaften hat.

Den Gartenbau zeichnet aus, dass zahlreiche verschiedene Kulturen nur auf kleinen Flächen angebaut werden. Jede Kultur hat jedoch ihre spezifischen Probleme beim Pflanzenschutz und es mangelt an Verfahren oder zugelassenen Mitteln. Benötigen wir mehr biologischen Pflanzenschutz oder womöglich andere Zulassungsverfahren?

Manche Produkte sind weggefallen oder dürfen zum Beispiel nur unter Einhaltung bestimmter Auflagen angewendet werden. Ja, es fehlt vor allem an zugelassenen Mitteln in fast allen Kulturen, die wir am Institut bearbeiten, da die jeweiligen Anbauflächen relativ gering sind. Leider ist es nahezu unmöglich, für all die Kulturen und die entsprechend vielfältigen Schadorganismen die bestehenden “Lücken“ bei der Bekämpfung zu schließen. Wir benötigen unbedingt Alternativen. Ein Ansatz ist der biologische Pflanzenschutz mit natürlichen Gegenspielern wie verschiedenen Nützlingen. Das ist allerdings aufwändiger, denn hier reicht es z. B. nicht, einen Blattlausbefall festzustellen. Man muss wissen, um welche Blattlausartes sich handelt, um die passenden Nützlinge einsetzen zu können. Grundsätzlich ist der Einsatz von Nützlingen schon fest etabliert- nicht nur im biologischen, sondern auch im integrierten Anbau von Gemüse, Kräutern und Zierpflanzen, in der Innenraumbegrünung und in Botanischen Gärten. Allerdings müssen häufig zusätzlich nützlingsschonende Produkte und andere Methoden eingesetzt werden. Die Erforschung und Entwicklung ganzheitlicher Konzepte in den verschiedenen Kulturen und Anbausystemen ist aufwändig, aber unerlässlich.

Welche Ziele haben Sie für das Institut? Was möchten Sie erreichen?

Das Institut muss für die zukünftigen Aufgaben und Anforderungen, die auf den Gartenbau, das Urbane Grün, den Forst und die Wirbeltierforschung zukommen, gut gewappnet sein.
Dazu gehört an erster Stelle, dass die ihm übertragenen hoheitlichen Aufgaben ausgeführt werden. Außerdem, dass das Institut bei Forschungseinrichtungen und Pflanzenschutzdiensten als wichtiger Partner wahrgenommen wird. Die vielfältige Expertise des Instituts soll essentielle Beiträge zur Lösung von angewandten und wissenschaftlichen Fragestellungen in Gartenbau, Urbanem Grün, Forst und der Wirbeltierforschung liefern. Das Zusammenspiel aus hoheitlichen Aufgaben, wissenschaftlicher Tätigkeit und Fachexpertise dient dazu, dass die Politik zielorientiert beraten werden kann.  

Verbunden mit einer Leitungsposition ist, dass man Management-Aufgaben übernimmt. Fehlt Ihnen die Arbeit als Forscherin?

Ich glaube,ich bin am richtigen Platz zur richtigen Zeit. Mir hat die Arbeit auf dem Feld und im Gewächshaus immer sehr gut gefallen, aber auch als Wissenschaftlerin ist man nicht immer dort oder im Labor. Mir war klar, dass sich meine Tätigkeiten als Institutsleiterin ändern werden. Sie sind sehr vielfältig und erfüllen mich. Daher bin ich froh, dass ich die für mich richtige Entscheidung getroffen habe.

Liebe Frau Vogler, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiter viel Erfolg am JKI. (Das Gespräch führte Johannes Kaufmann, Pressereferent am JKI, im September 2019)