(Dossenheim/Siebeldingen) Das Fachinstitut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau ist eines von 18 spezialisierten Fachinstituten unter dem Dach des Julius Kühn-Instituts (JKI). Es hat aktuell 77 Mitarbeitende und verteilt sich auf die Standorte Dossenheim (Obstbau) und Siebeldingen (Rebschutz). Zum März wurde Prof. Dr. Jürgen Gross mit der Wahrnehmung der Leitung des Instituts betraut. Da das JKI eine Ressortforschungseinrichtung des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) ist, erfolgt die offizielle Ernennung zum Institutsleiter, sobald die vom Bundespräsidenten unterschriebene Urkunde vorliegt. Der Schriesheimer Gross kennt das Haus gut, da er mit zweijähriger Unterbrechung seit 2003 am Südstandort des Julius Kühn-Instituts (JKI) - zuvor Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) - bei Heidelberg forscht. Der Experte für Chemische Ökologie folgt auf den Virologen Prof. Dr. Wilhelm Jelkmann, der im Sommer 2023 in den Ruhestand verabschiedet wurde.
„Die nicht-chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen erlangen eine immer größere Bedeutung. Gerade im Obst- und Weinbau ist wegen der Vielfalt an Schaderregern der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel und damit der Bedarf an Alternativen sehr hoch. (...)"
Prof. Dr. Jürgen Gross
Gross erforschte bisher mit seiner Arbeitsgruppe Interaktionen von Schadorganismen mit ihren Wirtspflanzen und natürlichen Gegenspielern, die über chemische Signalstoffe vermittelt und reguliert werden. Dabei hat er nicht nur heimische Schaderreger und ihre Vektorinsekten im Blick, sondern zunehmend neue Arten, die nach Europa eingeschleppt und als Nutznießer des Klimawandels ansässig werden. Die gewonnenen Erkenntnisse nutzt Gross, um nachhaltige nicht-chemische Pflanzenschutzverfahren zu entwickeln, schwerpunktmäßig für den Obst- und Weinbau. So identifizierte er beispielsweise spezifische flüchtige Botenstoffe, wie Pheromone, Lock- und Vergrämungsstoffe und entwickelte Fallensysteme und Formulierungen, die dann gezielt zur Anlockung, Vergrämung oder Abtötung von bestimmten Schadinsekten eingesetzt werden. Für seine Forschungsarbeiten wurde Gross mehrfach ausgezeichnet, etwa 2006 mit einem Preis für besondere Innovation in der agrarwissenschaftlichen Forschung vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der DFG.
Vom Forscher zum Forschungsmanager
Mit der Übernahme der Position als Institutsleiter wird Gross vom Forscher an alternativen Pflanzenschutzverfahren zum Forschungsmanager für die gesamte Bandbreite an Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutzmaßnahmen im Obst- und Weinbau. Zudem nimmt sein Institut gesetzliche Aufgaben wahr und ist Teil des am JKI angesiedelten Nationalen Referenzlabors für Schadorganismen der Pflanzen. „Die nicht-chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen erlangen eine immer größere Bedeutung. Gerade im Obst- und Weinbau ist wegen der Vielfalt an Schaderregern der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel und damit der Bedarf an Alternativen sehr hoch. Zudem eignen sich Obst- und Weinbau aufgrund der hohen Wertschöpfung hervorragend als Experimentierfeld für Forschungen an alternativen Verfahren, die dann bei kommerziellem Erfolg auch auf die Flächenkulturen übertragen werden können“, sagt Gross mit Blick auf die künftige Ausrichtung seines Fachinstituts.
Für die Forschungen zu biologischen Pflanzenschutzmaßnahmen kann er am Standort Dossenheim auf die Expertise eines weiteren JKI-Fachinstituts zurückgreifen. Bereits jetzt arbeiten die Forschenden gemeinsam an Projekten zu invasiven Arten, zum Einfluss des Klimawandels, aber auch zu Prognosemodellen und Entscheidungshilfen eng zusammen. Da Gross über 20 Jahre Erfahrung im Einwerben, Durchführen und Koordinieren von Forschungsprojekten auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene mitbringt, möchte er auch künftig das Netz der Kooperationen über den Rand des JKI hinweg noch weiter aufspannen. Für diesen intensiven Austausch mit nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen ist er bestens gerüstet, wie ein Blick auf die vielfältigen Funktionen und Mitgliedschaften in nationalen und internationalen Fachgesellschaften und der hohe Anteil an Forschungsprojekten mit internationalen Partnern eindrucksvoll belegen (siehe Hintergrund zu „Ausgewählte Funktionen“).
Auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs macht Gross sich stark. Seit seiner Habilitation lehrt er durchgängig an Universitäten. Seit dem Jahr 2000 betreute er mehr als 50 Abschlussarbeiten, darunter Bachelor-, Diplom- und Masterarbeiten, Dissertationen und eine Habilitation und/oder war als Begutachter involviert. Mit der Ernennung zum Institutsleiter am JKI ist auch eine Berufung auf die „Professur für biotechnischen Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau“ an der Hochschule Geisenheim verbunden. Hier wird er ab sofort den wissenschaftlichen Nachwuchs unterrichten.