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Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

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Ein Frau steht auf einem Feld mit weiß-lila blühender Lupine. Teile der Blüten sind eingetütet. Die Frau betrachtet diese prüfend.

Inhalt: Züchtungsforschung und Pflanzenzüchtung

Angepasste Kulturpflanzen sind das Rückgrat einer nachhaltigen Landwirtschaft. Mit widerstandsfähigen Sorten lassen sich Pflanzenschutzmittel einsparen sowie stabile Erträge auch unter sich ändernden Anbaubedingungen erzielen. Produktionssicherheit dient der Erhaltung der Landwirtschaft und sichert unsere Versorgung mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, was angesichts des Klimawandels eine zentrale Herausforderung wird. Die Züchtungsforschung an Kulturpflanzen des Julius Kühn-Instituts schafft die Grundlagen für neue und besser angepasste Sorten.

Pre-Breeding: Potenziale genetischer Ressourcen für die Praxis aufbereiten

Unsere Forschenden durchforsten genetische Ressourcen. Sie suchen in historischen Sorten sowie verwandten Wildarten nach nützlichen Eigenschaften für neue und verbesserte Sorten. Ausgewählte Genotypen, die relevante Eigenschaften besitzen, werden anschließend für das sogenannte Pre-Breeding genutzt. Daraus entsteht neues Zuchtmaterial, aus welchem neue Sorten entwickelt werden können. So kann beispielsweise das Resistenzgen eines Wildspargels gegen eine Viruserkrankung in Zuchtmaterial der Kulturform eingekreuzt werden (Introgression). In weiteren Schritten kann dieses Material zur Züchtung einer neuen, virusresistenten Sorte genutzt werden.

Unser Ziel ist es, den von uns erzielten Züchtungsfortschritt, wie etwa eine Widerstandsfähigkeit gegenüber (neuen) Schadorganismen, möglichst vielen Nutzern zur Verfügung zu stellen. Vorteilhafte Eigenschaften züchterisch zu erschließen ist aber sehr aufwendig. Voraussetzung für eine züchterische Nutzung ist es zunächst, die Genetik der gewünschten Merkmale möglichst genau zu verstehen. Mit modernsten Methoden zur Phänotypisierung und Genotypisierung werden die merkmalsbestimmenden Gene in den genetischen Ressourcen identifiziert sowie deren Funktion und die zugrundeliegenden Vererbungsmechanismen aufgeklärt. Unsere Ergebnisse kommunizieren wir in internationalen Fachzeitschriften, das von uns entwickelte Zuchtmaterial wird an Forschungseinrichtungen und die Praxis weitergegeben.

Die JKI-Züchtungsarbeit endet bei den meisten Kulturpflanzen mit der Entwicklung von verbessertem Ausgangsmaterial für die Sortenzüchtung. Nicht so bei Obst und Reben, wo das JKI selbst neue Sorten züchtet – ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Agrarforschung. Das liegt vor allem an den extrem langen Zuchtzeiträumen bei mehrjährigen Kulturen. Hier können von der ersten Kreuzung bis zur Einführung einer neuen Sorte in die Praxis mehrere Jahrzehnte vergehen.

Zuchtziel Resistenzzüchtung und Stresstoleranz: Schlüssel zu Pflanzenschutzmittelreduktion und Klimaanpassung

Im integrierten Pflanzenschutz gilt das Prinzip: so wenig Pflanzenschutzmittel wie möglich, soviel wie nötig. Je robuster und widerstandsfähiger eine Kultursorte ist, desto weniger Schutz von außen benötigt sie. Daher liegt ein Schwerpunkt der JKI-Züchtungsforschung darauf, genetische Ressourcen der Kulturpflanzen auf ihre Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und Schaderreger zu prüfen. Das so gewonnene Wissen hilft, neue Sorten zu entwickeln, deren Anbau einen deutlich geringeren Pflanzenschutzmitteleinsatz erfordert. Beispielsweise können im Fall unserer pilzwiderstandsfähigen Rebsorten bis zu 80 Prozent der Pflanzenschutzmaßnahmen, die bei traditionellen Kulturreben notwendig sind, eingespart werden. Bei unseren schorfresistenten Apfelsorten sind es bis zu 60 Prozent.

Neben biotischen beeinträchtigen auch abiotische Stressfaktoren die Ertragsleistung von Kulturpflanzen. Durch den Klimawandel wird es zunehmend wichtiger, dass Pflanzen beispielsweise Wassermangel, erhöhte UV-Strahlung oder Hitze besser tolerieren. Auch hier suchen Forscherinnen und Forscher des JKI im Genmaterial nach Toleranzeigenschaften.

Dazu wird erforscht, warum manche Genotypen weniger anfällig auf bestimmte Stressoren reagieren. Pflanzen, die längere, kräftigere Wurzeln ausbilden, erreichen bei Dürre tieferliegende noch wasserhaltende Bodenschichten und können daher mit Trockenstress besser umgehen. Um die genetischen Eigenschaften, die eine solche Toleranz vermitteln, effektiv zu nutzen, müssen die Strukturen und Mechanismen verstanden und aufgeklärt werden.

Markergestützte Selektion

...den Kirchturm in der Landschaft suchen

Markergestützte Selektion: Die Merkmalserfassung (Phänotypisierung) und Bewertung sind die zeitaufwändigsten Schritte im Züchtungsprozess. So müssen Pflanzen aufgezogen und zum Beispiel künstlich infiziert werden, um zu testen, ob eine angestrebte Resistenz gegen einen pilzlichen Schaderreger erfolgreich übertragen wurde. Bei der markergestützten Selektion kann bereits kurz nach der Keimung festgestellt werden, ob die Pflanze ein bestimmtes Resistenzgen trägt und das gewünschte Merkmal später ausprägen wird. Der Züchtungsprozess wird so erheblich abgekürzt. Es geht darum, Genabschnitte zu identifizieren, die fest mit einem Merkmal assoziiert sind. Diese können dann als Gen-Marker genutzt werden. Solche Marker sind im Genom leicht zu identifizierende DNA-Muster, die nicht zur Ausprägung des Merkmals beitragen, aber mit diesem gemeinsam vererbt werden. Es ist deutlich einfacher und schneller, bekannte genetische Muster zu ermitteln, die mit einem Merkmal assoziiert sind, als (zunächst) die merkmalsprägenden Gene selbst zu identifizieren.

Ähnlich wie während der Wanderung nach einem Kirchturm Ausschau zu halten, um einen Hinweis auf das nächstgelegene Dorf zu erhalten.

Risikoforschung und Züchtungsmethoden

Das JKI bewertet auch Züchtungsverfahren auf potenzielle Risiken für die Umwelt. Neben der inzwischen „klassischen“ Gentechnik, bei der artfremde Gene in eine Pflanze übertragen werden, und der etablierten Mutagenesezüchtung, bei der die natürliche Mutationsrate des Erbguts chemisch oder durch Bestrahlung erhöht wird, stellen neue Züchtungsmethoden, wie die gezielte Mutagenese („Genschere“; CRISPR/Cas), die Sicherheitsforschung, die Gesetzgebung sowie Politik und Gesellschaft vor neue Fragen. Das JKI erforscht mögliche Anwendungsgebiete und bewertet, welche Risiken die Anwendung der Methoden und die Nutzung der Produkte für die Umwelt haben könnten. Auf Basis dieser Ergebnisse werden Einschätzungen und Empfehlungen zum Einsatz, Risikomanagement und zur Politikberatung gegeben.

Exkurs: Geschichte der Pflanzenzüchtung

...Genauslese seit 12.000 Jahren

Geschichte der Pflanzenzüchtung: Spätestens seit der neolithischen Revolution greift der Mensch in das pflanzliche Genom ein. Zunächst durch reine Selektion bevorzugter Varianten aus natürlichen Pflanzenbeständen und ab dem späten 19. Jh. auch durch gezielte Kreuzungszüchtung. Beide Methoden sind Formen gerichteter (Gen-)Auslese, um Pflanzen an die Bedürfnisse des Menschen und bestehende Umweltbedingungen anzupassen. Bei einjährigen Kulturen, wie Getreide, dauert die Züchtung einer neuen Sorte mit solchen klassischen Methoden sieben bis 15 Jahre, bei Dauerkulturen, wie Obst oder Weinreben, deutlich länger. Bei der Kreuzung mischen sich die Genome der Elternsorten nach dem Zufallsprinzip. Unter den zahlreichen Genkombinationen der Nachkommen sind nur wenige, die viele der gewünschten Eigenschaften von beiden Eltern besitzen. Diese müssen mit viel Aufwand identifiziert werden.

Für die zielgerichtete Auswahl vielversprechender Kandidaten nutzen unsere Züchtungsforscherinnen und -forscher daher molekulare Marker. Mit ihnen lässt sich der Züchtungsprozess zeitlich verkürzen und deutlich effizienter gestalten.

Mehr Informationen zur Geschichte der Pflanzenzüchtung auf pflanzenforschung.de.

Ressource Artenvielfalt

Sowohl für die Züchtungsforschung als auch für die Züchtung neuer Sorten ist die Verfügbarkeit von genetischer Vielfalt Voraussetzung. Um Gen-Vielfalt nutzbar zu machen, unterhält das JKI eigene Genbank-Sammlungen, beispielsweise bei Pelargonien, und koordiniert die Netzwerke der Deutschen Genbanken bei Obst (DGO) und Reben (DGR).

Wir dokumentieren die Informationen zu genetischen Ressourcen in Datenbanken. Zudem engagiert sich das JKI national und international in Schutz- und Managementprogrammen zu pflanzengenetischen Ressourcen bei verschiedenen Wildarten.