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Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

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ZG
Institut für Züchtungsforschung an gartenbaulichen Kulturen

Inhalt: Kompetenzschwerpunkt interspezifische und intergenerische Hybridisierung

Interspezifische und intergenerische Hybridisierung ist ein wichtiger Forschungsansatz, um neue, züchterisch nutzbare genetische Variabilität zu schaffen. Gewünschte Merkmale wie Resistenzen gegen biotische Schaderreger oder gegen abiotischen Stress in sich verändernden Umwelten, Inhaltsstoffzusammensetzung oder morphologische Eigenschaften und damit die dafür verantwortlichen Gene sind häufig nur in Wildformen, verwandten Arten und Gattungen der Kulturarten zu finden. Durch die interspezifische und intergenerische Hybridisierung eröffnen sich Möglichkeiten, die vorhandene Variabilität des primären und sekundären Genpools zu nutzen. Dadurch wird eine wichtige Voraussetzung und Grundlage für die Absicherung des zukünftigen Züchtungsfortschritts geschaffen.

Die interspezifische oder intergenerische Hybridisierung kann grundsätzlich über zwei unterschiedliche Wege erfolgen, generativ durch Kreuzung oder somatisch durch Protoplastenfusion. Sowohl bei der generativen als auch bei der somatischen Hybridisierung verfügt das Institut bei Gemüse, Zier-, Arznei- und Gewürzpflanzen über einen langjährigen und umfangreichen Erfahrungsschatz in der Methodenentwicklung und –anwendung. Beide Ansätze sind sehr arbeitsintensiv, langwierig und risikobehaftet. Deshalb werden die Ausgangslinien vorab sorgfältig auf bestimmte wertgebende Eigenschaften evaluiert und ausgewählt.

Generative Hybridisierung

Für die generative Hybridisierung durch Kreuzungen sind jeweils umfangreiche Untersuchungen zur Überwindung pro- und postgamer Kreuzungsbarrieren eine erste Voraussetzung. Neben der Übertragung von Zielgenen in das Kerngenom der Kulturart können für verschiedene Fragestellungen auch die Neukombinationen mit dem Zytoplasma der Donorart zur Entwicklung alloplasmatischer Formen interessant sein. In diesen Fällen ist die Festlegung der Kreuzungsrichtung in der Primärkombination von strategischer Bedeutung. Beispielsweise wird bei den meisten Kulturarten das Zytoplasma maternal vererbt. Für derartige Fragestellungen sind dann die Donorarten als mütterliche Kreuzungspartner zu verwenden. Nach erfolgreicher Befruchtung und der Entwicklung von embryogenem Gewebe ist in vielen Fällen ein Embryo Rescue notwendig, da die endgültige Entwicklung des Embryos sowie des Samens an der Mutterpflanze oft gestört ist. Unter In-vitro-Bedingungen kann durch Embryo Rescue auf künstlichem Nährmedium nicht nur die Embryoentwicklung gewährleistet werden, sondern darüber hinaus die Entwicklung bis zur Hybridpflanze. Vitalität und Fertilität der Hybridpflanzen entscheiden über weitere Entwicklungsstrategien. Häufig muss zur Stabilisierung der primären Hybriden und zur Restaurierung der Fertilität das Ploidieniveau durch Polyploidisierung verändert werden. Dieser Schritt kann sowohl in vitro als auch in vivo realisiert werden. Durch weitere Rückkreuzungen wird die Basis für die Übertragung einzelner oder mehrerer Gene aus der Donorart in den gewünschten Genomhintergrund der Rezipientenart geschaffen.

Somatische Hybridisierung

Die Methode der somatischen Hybridisierung beruht auf der Erzeugung von pflanzlichen Protoplasten (zellwandlosen Zellen), deren Fusion und Regeneration unter Nutzung der induzierbaren Totipotenz pflanzlicher Zellen. Das Institut verfügt über eines der wenigen Kompetenzlabore für somatische Hybridisierung, welche bis heute keine Routine darstellt.

In primären somatischen Hybriden sind sowohl Kombinationen der kompletten Kerngenome (Allopolyploidie) als auch verschiedene Neukombinationen der Zellorganellen (alloplasmatische Hybride) möglich. Die genetische Vielfalt der Regeneratpflanzen ist hoch. Durch die Methoden der symmetrischen (Protoplasten beider Fusionselter sind intakt) und der asymmetrischen Fusion (teilweise Inhibierung eines Fusionselters z. B. durch Strahlung) werden verschiedene Anteile der Genome vereinigt. Die Regeneratpflanzen stellen somit ein völlig neues genetisches Material dar. Aus diesem Grunde wird die somatische Hybridisierung auch dort zur Schaffung neuer genetischer Variabilität eingesetzt, wo auch auf generativem Wege intergenerische/interspezifische Hybriden erzeugt werden können. So können beispielsweise mit der somatischen Hybridisierung Abnormitäten in der Pflanzenentwicklung (z. B. Chlorophyllmangel) überwunden werden, wenn diese aus Inkompatibilitäten zwischen Kern- und zytoplasmatischen Genen resultieren. Für die asymmetrische Fusion stehen im Institut als Strahlungsquellen UV-Emitter und eine Röntgenanlage zur Verfügung.

Nach der Regeneration erfolgt die Bestimmung des DNA-Gehaltes des neuen Pflanzenmaterials mittels Fluoreszenz-Durchflusszytometrie. Pflanzen mit einem veränderten DNA-Gehalt werden ähnlich den sexuellen Hybriden sowohl phänotypisch im Gewächshaus als auch umfangreich mit relevanten molekularen Markern charakterisiert.

Aktuelle Forschung

Hybridpflanzen aus beiden Hybridisierungsansätzen müssen im Rahmen eines nachgerichteten Pre-breeding-Programms weiter rückgekreuzt und hinsichtlich der gewünschten Merkmale selektiert werden. Hierfür stehen im JKI entsprechende Bioassays sowie molekulare und analytische Nachweismethoden zur Verfügung. Der Erfolg interspezifischer oder intergenerischer Hybriden hängt, unabhängig von der Herstellungsmethode, von der Expression des Zielmerkmals/Zielgens sowie der Integration in das Zielgenom ab. Integration im Sinne einer dauerhaften Introgression oder Translokation setzt eine Chromosomenpaarung in der Meiose und Rekombination voraus. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, besteht die Möglichkeit, durch die Bestrahlung von Pollen Chromosomenbruchstücke zu erzeugen, die ggf. dann in Chromosomen des Rezipienten eingebaut werden. Die Projekte sind darauf gerichtet, Linienmaterial zu entwickeln, das die gewünschten Merkmale der Donorart ausprägt und für den Einsatz in der Züchtung geeignet ist.


An folgenden Forschungsthemen wird derzeit gearbeitet:

  • Pelargonium: Somatische Hybridisierung zur Übertragung der Resistenz gegen Ralstonia solanacearum und Xanthomonas hortorum pv. pelargonii in P. x hortorum; Interspezifische Hybridisierung innerhalb der Sektion Pelargonium zur Erweiterung der genetischen Variabilität
  • Hydrangea: Erweiterung des Genpools bei Hortensien (Hydrangea) mittels somatischer Hybridisierung
  • Daucus: Entwicklung alloplasmatischer Möhrenlinen zur Untersuchung von Kern-Zytoplasma-Interaktionen im Bezug auf Resistenzen gegen Pilzkrankheiten und zur Induktion männlicher Sterilität
  • Asparagus: Übertragung einer Resistenz gegen das Asparagus virus 1 aus einer verwandten Wildart des Spargels mittels generativer und somatischer Hybridisierung
  • Rucola: Übertragung des Kerngenoms von Rucola (Eruca sativa / Diplotaxis tenuifolia) in das männliche Sterilität bewirkende Zytoplasma von Brassica