Fernerkundung ist in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Tool in der landwirtschaftlichen Forschung geworden. Satelliten sammeln ständig Daten über unsere Erdoberfläche, etwa über die jeweilige Bewirtschaftungsform (Wald, Acker, Weide), die jahreszeitliche Bedeckung des Bodens, Trockenperioden oder Überschwemmungsereignisse. Diese Daten können genutzt werden, um umfassende Fragestellungen aus dem landwirtschaftlichen Bereich zu beantworten.
Das JKI ist schon seit Jahren in zahlreichen Vorbereitungsprojekten für verschiedene Satellitenmissionen aktiv. Sie ermöglichen die Vereinfachung, wenn nicht gar Revolutionierung der Erforschung der Klimawandel-Auswirkungen auf die Landwirtschaft, aber auch der Erhebungen von Daten zu Bodenzustand und Fruchtfolgesystemen oder zur Artenvielfalt. Mit den hochauflösenden Sentinel-Satelliten des Europäischen Weltraumprogramms „Copernicus“ verfügt die landwirtschaftliche Forschung und Praxis jetzt über eine völlig neuartige Datenquelle und diese in einer bisher ungeahnten Präzision. Die riesige Menge an Rohdaten muss jedoch ausgewertet und interpretiert werden. Sie stellen einen erheblichen Mehrwert für eine Vielzahl an Fragen dar, die an den Fachinstituten des Julius Kühn-Instituts (JKI) erforscht werden und für die Ressortforschung und die Beratung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von Belang sind. Am JKI wurde daher 2017 das Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung (FLF) etabliert. Das FLF agiert JKI-fachinstitutsübergreifend im Bereich Fernerkundung und fungiert als Ansprechpartner für Behörden und als Anlaufstelle für andere Forschungseinrichtungen. Zum FLF geht es hier: https://flf.julius-kuehn.de/
Der Landwirt erfährt schon vor der Ernte auf dem Acker wie hoch der Ertrag ist. Ein Zukunftsszenario, das mit dem europäischen Erdbeobachtungsprogramm "COPERNICUS" Wirklichkeit werden kann. Im März 2017 startete mit dem Sentinel-2B-Satelliten der letzte der vier hochauflösenden Fernerkundungssatelliten des Copernicus-Programms. Den Missionsbetrieb hat die ESA übernommen.
Zukünftig ließe sich der Ertrag von wichtigen landwirtschaftlichen Kulturen sogar vor der Ernte mit Hilfe von Daten der so genannten Copernicus-Satelliten abschätzen (siehe dazu http://www.d-copernicus.de/landwirtschaft-unter-umwelt-und-klimaaspekten-angewandte-fernerkundung-erfassen-bewerten-massnahmen).
Durch einen kombinierten Ansatz aus Satellitenbildern, aktuellen Witterungsdaten des Deutschen Wetterdienstes und Modellansätzen schätzen die Experten aus dem JKI zunächst den zu erwartenden Ernteertrag teilschlagspezifisch ab. Begonnen wurde 2014 mit der Landesfläche von Niedersachsen. In dieser Testphase wollen die Experten herauszufinden, ob und wie genau die geschätzten Werte und die tatsächliche Erntemenge übereinstimmen. Jetzt soll eine bundesweite Ertragsabschätzung erfolgen. Die JKI-Wissenschaftler werten die riesigen Datenmengen für das zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und die Öffentlichkeit aus und stellen sie kostenfrei zur Verfügung.
Das JKI will mit Daten der Copernicus-Satelliten im Bereich des so genannten „Greening“ die gemeinsame Agrarpolitik der EU unterstützen. Die Forscher des JKI quantifizieren seit mehr als 20 Jahren u. a. Kleinstrukturen im Agrarraum wie Feldgehölze, Hecken, Feldränder/säume oder Kleingewässer. Diese Strukturen sind mittlerweile am JKI in Datenbanken erfasst. Nun schauen die Wissenschaftler per Satellit auf den einzelnen Ackerschlag. Damit wollen sie Ackerflächen wie trockene Kuppen, nährstoffarme Sandstandorte, Nassstellen oder ständig wiederkehrende Erosionsrillen, die weniger ertragreich oder technisch nur schwer zu bewirtschaften sind, erkennen.
Für den Landwirt sind solche Flächen oft von geringerem Wert. Für die biologische Vielfalt ist ihre Bedeutung jedoch hoch. Die Vernetzung der Biotope ist ein wichtiger Beitrag zum Biotopverbund und somit zum Schutz der Biodiversität in den Agrarlandschaften. Solche Areale eignen sich hervorragend für die Einrichtung so genannter ökologischer Vorrangflächen (Ecological Focus Areas), wie sie die „Greening“-Maßnahmen fordern.
Die derzeit zu beobachtenden Klimaveränderungen werden die Versorgung der Kulturpflanzen mit Wasser in der gemäßigten Klimazone Mitteleuropas beeinflussen. Die Pflanzen sind tendenziell steigenden Temperaturen ausgesetzt. Deshalb wollen JKI-Wissenschaftler die Trocken- und Hitzetoleranz von Weizengenotypen mit Hilfe von Fernerkundung beurteilen. Auf Selektionsstandorten werden begleitende Untersuchungen zu Durchwurzelungstiefe, Wurzelmorphologie und Wasserhaushalt durchgeführt.
Zum Einsatz kommen Multikopter-gestützte Sensortechniken (Infrarotthermometrie, Reflexionsspektroskopie). Da Feldversuche zu Trockenstress durch Unwägbarkeiten der Witterung erschwert werden, wird die Multikopter-gestützte Hochdurchsatz-Phänotypisierung nicht nur unter züchterischen Praxisbedingungen, sondern auch in Rain-out-
Sheltern eingesetzt. Schließlich wird in einem Folientunnel die Hitzetoleranz von Weizengenotypen direkt untersucht.
Weitere Aspekte siehe oben in den Menüpunkten: Sensorgestütze Technologien und Phänotypisierung in der Züchtung.