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Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

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Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik

Wir unterhielten uns mit apl. Prof. Dr. Johannes Hallmann Leiter des JKI-Instituts für Epidemiologie und Pathogendiagnostik.

Herr Dr. Hallmann, anders als die bisher vorgestellten Institutsleiter gehören Sie schon lange gewissermaßen zum Inventar des JKI. Beschreiben Sie uns Ihren Weg durch die Institution.

Ich habe 2001 als klassischer Nematologe an der Biologischen Bundesanstalt für Land-und Forstwirtschaft in Münster angefangen. Damals hieß es noch Institut für Nematologie und Wirbeltierforschung. Mit der Neugründung zum Julius Kühn-Institut 2008 wurde ich mit meiner Arbeitsgruppe dem Institut für Epidemiologie und Pathogendiagnostik zugeordnet. In dieser Zeit übernahm ich als dienstältester Wissenschaftler zusätzlich auch die organisatorische Leitung des Standorts in Münster. Diese Kombination aus Forschung, Organisation und Administration war vermutlich eine ganz gute Vorbereitung für meine heutige Tätigkeit als Institutsleiter, die ich seit November 2018 wahrnehme.

Warum haben Sie sich damals an der Biologischen Bundesanstalt (BBA) beworben?

Mich überzeugte der „Dreiklang“ aus Forschung, Bewertung und Beratung, der auch am JKI gelebt wird. Mir war und ist wichtig zu sehen, wie Forschungsergebnisse in der Praxis ankommen. Das ist für mich spannend und dazu bietet das JKI Möglichkeiten, die weder an der Universität noch in Unternehmen vorhanden sind.

Das ist letztlich der Ansatz von Julius Kühn.

Ja, Julius Kühn hatte die Vision, die Landwirtschaft auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen und dieses Wissen in die Praxis zu transferieren. Er bildete über 6000 Studenten aus 120 Ländern aus und sorgte so dafür, dass das damalige Wissen weltweit verbreitet wurde. Internationalität und wissenschaftliche Ausbildung versuchen wir übrigens auch an unserem Institut intensiv zu pflegen. 

In ihrem Büro hängt das Bild eines Nematoden an der Wand. Nematoden sind eines ihrer Lebensthemen und auch etwas, das Julius Kühn sehr beschäftigt hat. Sehen Sie eine besondere Nähe zu unserem Namenspatron?

Ich bin ein großer Fan seiner Arbeiten. Es ist faszinierend zu sehen, mit welch einfachen Mitteln er im 19. Jahrhundert das Themengebiet entscheidend geprägt hat. Wenn es um die „großen“ Nematologen geht, wird Julius Kühn allerdings kaum erwähnt. Dabei hat er sich mit allen Aspekten der Nematologie beschäftigt: von der Bestimmung der Tiere, über deren Biologie, das Wirtspflanzenspektrum bis hin zur Bekämpfung. Er war einer der ersten, der auf die enorme Bedeutung antagonistischer Mikroorganismen bei der Bekämpfung von Schaderregern hinwies. Kühn arbeitete 40 Jahre mit Rübenzystennematoden – und das Thema lässt uns auch heute noch nicht los.

Sie haben sich wissenschaftlich mit Julius Kühn beschäftigt und einen Artikel über ihn publiziert. Ist hier noch mehr zu erwarten?

Wir haben 2010 einen Artikel zum 100. Todestag von Julius Kühn geschrieben. 2025 ist sein 200. Geburtstag. Da wäre es schon schön, einen weiteren Beitrag zu verfassen. Bereits seit einiger Zeit verfolge ich die Idee einer Biographie mit Schwerpunkt auf dem nematologischen Teil seiner Arbeit. Dazu habe ich viel Literatur gesammelt, mich im privaten Umfeld nach Quellen umgehört und weitere Rechercheansätze gefunden. Ich hoffe, ich finde die Zeit dazu.

Die Nematologie ist das Fachgebiet weniger Experten. Welche Rolle spielt dieses Institut für die Zukunft dieses Fachgebietes?

Das Gute an einem kleinen Fachgebiet ist, dass man schnell sehr gut vernetzt ist, in Deutschland wie in Europa und auch weltweit. In Deutschland haben wir hier am JKI die höchste Dichte an Nematologen. Insgesamt sechs festangestellte Wissenschaftler der Institute Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland, Nationale und internationale Angelegenheiten der Pflanzengesundheit sowie Epidemiologie und Pathogendiagnostik arbeiten in der AG Phytonematologie intensiv zusammen. Das inspiriert und motiviert. Wir sind zentrale Anlaufstelle für Pflanzenschutzdienste, Universitäten und sonstige Forschungseinrichtungen. Da Nematologie mit wenigen Ausnahmen nicht an den Hochschulen gelehrt wird, kommt dem JKI auch eine wichtige Bedeutung bei der Ausbildung künftiger Nematologen zu.

Neue Aufgabe, neue Kollegen, neuer Standort, neue Arbeitsbereiche – haben sie mittlerweile einen guten Überblick? Sehen Sie Ihr Institut gut aufgestellt?

Mittlerweile habe ich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Institut kennen und schätzen gelernt. Was unsere Aufgaben betrifft, ist das Institut fachlich sehr gut aufgestellt. Für alle Schadorganismengruppen – mit Ausnahme der Insekten – haben wir zwei bis drei Experten mit langjähriger Erfahrung in ihrem Fachgebiet, intensiven Forschungsprogrammen und gut funktionierenden Arbeitsgruppen. Ich selbst habe in der Vergangenheit neben den Nematoden sowohl mit Pilzen als auch mit Bakterien gearbeitet. Die Virologie lernte ich in meiner Bonner Zeit kennen, so dass ich ein gutes Verständnis der verschiedenen Bereiche habe.

Sie sind Phytomediziner durch und durch. Sie haben ein Lehrbuch dazu geschrieben, sind in der DPG in wichtigen Positionen. Was fasziniert sie so an diesem Fachgebiet?

Über mein frühes Interesse an der Nahrungsmittelproduktion und der Frage, wie man die Pflanzen gesund erhält, bin ich zur Phytomedizin gekommen. Im Studium faszinierte mich dann der Gedanke, dass ein gesunder Boden eine gesunde Pflanze hervorbringt. Dies wollte ich besser verstehen und so setzte ich mich intensiv mit dem Bodenökosystem auseinander und der Frage, wie kann ich dies nachhaltig erhalten oder sogar fördern.

Woher kommt Ihr Zugang zur Landwirtschaft? Gibt es da einen familiären Bezug?

Nein, es gibt keinen familiären Bezug. Das ist reines Interesse gewesen. Ich bin in der Pfalz, einem reinen Waldgebiet, aufgewachsen und wollte ursprünglich in die Forstwirtschaft gehen. Dann habe ich die Landwirtschaft entdeckt. Die Themenbreite hat mich angesprochen. Ein einjähriges landwirtschaftliches Praktikum hat mich dann vollends darin bestärkt, Landwirtschaft zu studieren.

Was glauben Sie sind die wichtigsten Themen, die in naher Zukunft auf ihr Institut zukommen?

Organisatorisch ist das vor allem die Etablierung des Nationalen Referenzlabors. Dann natürlich die Fertigstellung des Nematodengewächshauses, so dass endlich die Arbeitsgruppe von Münster nach Braunschweig verlagert werden kann. Inhaltlich sind es unter anderem die „großen“ Themenfelder wie Nahrungsmittelsicherheit, Klimawandel und Globalisierung, sofern es die Diagnose und Biologie von Schaderregern betrifft. Die Diagnose neu auftretender sowie sich stetig ändernder bekannter Schadorganismen erfordert eine kontinuierliche Entwicklung und Anpassung der Nachweisverfahren. Der zunehmende Wegfall von Pflanzenschutzmitteln erfordert alternative Bekämpfungsverfahren. Dies setzt ein immer besseres Verständnis der Biologie der Schaderreger und der Wirt-Parasit-Interaktion voraus. Mit diesem Wissen können Gegenmaßnahmen entwickelt werden, wie z. B. der Anbau resistenter Sorten, die Wahl des Anbauverfahrens, der Einsatz von Antagonisten oder die Förderung des Mikrobioms. Weiterhin sehr intensiv beschäftigen werden wir uns in der Zukunft auch mit humanpathogenen Bakterien in Verbindung mit Kulturpflanzen bzw. deren Ernteprodukten sowie der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen im Bodenökosystem und in der Pflanze.

Sie hatten das Referenzlabor angesprochen. Welche Aufgaben kommen damit auf ihr Institut zu?

Wir sind Nationales Referenzlabor für Viren an Gemüse und Leguminosen sowie für Rost- und Brandpilze. Hierfür haben wir die Diagnostik vorzuhalten, müssen Referenzuntersuchungen durchführen und uns an Laborvergleichsuntersuchungen beteiligen bzw. diese für den amtlichen Dienst koordinieren. Konkret bedeutet das, dass die Labororganisation neu aufgestellt wird und Standardarbeitsverfahren etabliert werden. Jeder Schritt ist nachvollziehbar zu dokumentieren. Insgesamt rechnen wir mit einer deutlichen Zunahme an Probenaufkommen, insbesondere in der Virologie.

Das klingt nach einer Menge Arbeit. Gibt es einen entsprechenden personellen Aufwuchs?

Daran arbeiten wir zusammen mit der Leitung. Gerade beim Aufbau der Akkreditierung ist der personelle Einsatz sehr hoch, aber auch die spätere Routine erfordert zusätzliche Kapazitäten. Aktuell besetzen wir eine unserer Planstellen im Bereich der Akkreditierung. Aber das reicht bei weitem nicht. Alle Mitarbeiter/innen in den jeweiligen Arbeitsgruppen sind gefordert, mit anzupacken. Die dafür erforderliche Zeit müssen wir von der Forschung abknapsen – leider!

Und noch eine letzte Frage: Sind Sie gut in Braunschweig angekommen?

Ich bin sehr gut in Braunschweig angekommen. Ganz entscheidend hat hierzu die überaus herzliche Aufnahme am Institut beigetragen. Ich fühle mich sehr wohl und die Arbeit macht mir viel Freude. Ich habe eine wunderschöne Wohnung in Braunschweig gefunden und komme mit der Mentalität der Menschen hier hervorragend zurecht. Tatsächlich erscheinen mir die Leute sogar offener und freundlicher als in Münster, das aber nur unter vorgehaltener Hand, da ja meine Familie im Münsterland lebt.

Lieber Herr Hallmann, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiter viel Erfolg am JKI. (Das Gespräch führte Johannes Kaufmann, Pressereferent am JKI, im November 2019)