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Risikominderung im Pflanzenschutz

Risiken für die Landwirtschaft, den Verbraucher, die Umwelt und den Anwender zu minimieren, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auftreten können, ist schon lange ein erklärtes politisches Ziel. Seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts gibt es dazu bereits Vorschriften und Regelungen. Mit dem strengen Zulassungsverfahren wird sichergestellt, dass Pflanzenschutzmittel – werden sie nach Vorschrift angewendet – kaum Risiken bergen.

Jetzt ist der NAP angetreten, um besonders kritische Bereiche aufzudecken und zu bewerten mit dem Ziel, die Risiken und Auswirkungen von Mitteln noch weiter zu verringern. Die umfangreichen Regelungen und Maßnahmen dazu finden Sie hier. Das JKI ist in fast allen Bereichen aktiv beteiligt. So zum Beispiel bei der Anpassung der Leitlinien des IPS und der Entwicklung alternativer Methoden und Verfahren für den IPS, um die Abhängigkeit von der Verwendung von Pflanzenschutzmittel zu verringern.

Intensität der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln – Netz Vergleichsbetriebe

Seit dem Jahr 2007 waren insgesamt rund 150 Betriebe (Stand 2015) freiwillig am Projekt „Vergleichsbetriebe Pflanzenschutz“ beteiligt. Sie kommen aus folgenden Bereichen:

  • Ackerbau (Winterweizen, Wintergerste, Winterraps, teilweise auch andere)
  • Freilandgemüse (Weißkohl, Möhren, Spargel, Zwiebeln)
  • Obstbau (Tafelapfel)
  • Weinbau
  • und Hopfenbau

Das vom BMEL geförderte Projekt ist inzwischen zu einem wesentlichen Bestandteil des Nationalen Aktionsplanes zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) geworden. Mit den jährlichen Erhebungen in den Vergleichsbetrieben wird ermittelt, wie intensiv Pflanzenschutzmittel real/tatsächlich angewendet werden. Die Daten werden sehr genau für einzelne Felder und jede angebaute Kulturpflanze eines Betriebes erhoben. Für ihre Auswertung spielen zusätzliche Informationen besonders zu Witterungsbedingungen des jeweiligen Jahres eine Rolle. Ziel ist, für jede einzelne Pflanzenschutzmaßnahme in der jeweiligen konkreten Situation abzuschätzen, ob das „notwendige Maß“ tatsächlich eingehalten wurde. So kann quasi im Nachhinein das notwendige Maß für das jeweilige Jahr abgeleitet werden. Außerdem werden objektive Einflüsse (z. B. Witterung, Schaderregerauftreten, Kosten und Erlöse, Beratung) und subjektive Einflüsse (z. B. Risikoverhalten des Landwirts) auf die Intensität der Pflanzenschutzmittelanwendungen regional bzw. jahresspezifisch identifiziert. So soll der Pflanzenschutz langfristig noch stärker auf das Konzept des integrierten Pflanzenschutzes (IPS) unter Beachtung regionaler Bedingungen ausgerichtet werden.

Die Erhebung und die Auswertung der Daten der Vergleichsbetriebe Pflanzenschutz erfolgen gemeinsam durch die Landeseinrichtungen des Pflanzenschutzes und das JKI.

Insgesamt wurden bisher in den Jahren 2007 bis 2013 65.000 Datensätze erhoben und ausgewertet. Freier, B.; Sellmann, J.; Strassemeyer, J.; Schwarz, J.; Klocke, B.; Kehlenbeck, H.; Zornbach, W. (2015): Netz Vergleichsbetriebe Pflanzenschutz - Jahresbericht 2013. Analyse der Ergebnisse der Jahre 2007-2013. Berichte JKI 178, 1-102

Zahl der Pflanzenschutzmittelanwendungen - PAPA

Um aktuelle Angaben über den tatsächlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu erhalten, erhebt das JKI bereits seit 2001 regelmäßig Daten zu ihrer Anwendung. Bis 2009 wurden diese als NEPTUN-Erhebungen bezeichnet. Ab 2011 wurde neben dem zuvor beschriebenen Netz Vergleichsbetriebe  ein bundesweites Erhebungsnetz landwirtschaftlicher Haupterwerbsbetriebe aufgebaut. Vertreten sind Ackerbau-, Obst-, Hopfen- und Weinbaubetriebe. Diese Betriebe stellen dem JKI anonym jährlich ihre gesamten Daten zur Anwendung von PSM zur Verfügung. Inzwischen wurden die Erhebungen modifiziert (Panel Pflanzenschutzmittel-Anwendung – PAPA). Diese PAPA- Erhebungen wertet das JKI ebenfalls jedes Jahr wissenschaftlich aus. Mit den Daten konnte eine umfassende Grundlage für viele Rechenmodelle und Statistiken geschaffen werden, die nicht nur im Rahmen des NAP erforderlich, sondern auch für die zusammenfassende Analysen und Berichte, z. B. an die EU, genutzt werden.

Die Ergebnisse der Erhebungen veröffentlichen wir in unserem Wissensportal PAPA. Neben einem Überblick zu den Gesamt-Behandlungsindizes der Kulturen Winterweizen, Wintergerste, Winterraps, Kartoffeln, Mais, Zuckerrüben, Hopfen und Apfel finden sich dort detaillierte Angaben zu den Wirkungsbereichen der Pflanzenschutzmittel. Außerdem finden sich dort die Ergebnisse der NEPTUN-Erhebungen der Jahre 2000 - 2009 zum Download.

Fortschritte sind messbar

Ob der Nationale Aktionsplan NAP tatsächlich erfolgreich ist, wird mit Hilfe verschiedener Indikatoren jährlich überprüft. 28 Indikatoren und andere Datengrundlagen wurden bisher entwickelt. Das JKI, allen voran das JKI-Fachinstitut für Strategien und Folgenabschätzung, ist an der Erhebung und/oder Berechnung zahlreicher dieser Indikatoren beteiligt. Sie finden Details zu allen Indikatoren hier:
https://www.nap-pflanzenschutz.de/de/indikatoren-forschung/indikatoren-und-deutscher-pflanzenschutzindex/

Zwei am JKI entwickelte Indikatoren und computergestützte Verfahren für Kennziffern des NAP sollen hier kurz dargestellt werden.

Behandlungsindex (BI)

Um die Intensität der chemischen Maßnahmen im Rahmen des NAP insgesamt zu berechnen, entwickelte und nutzt das JKI den so genannten Behandlungsindex (BI). Er stellt die Anzahl von Pflanzenschutzmittelanwendungen auf einer betrieblichen Fläche, an den verschiedenen Kulturpflanzen oder in einem Betrieb in verschiedenen Regionen Deutschlands dar. Dabei berücksichtigt er zum Beispiel auch, ob nur Teile des Feldes behandelt wurden oder ob der Landwirt die Konzentration der Mittel reduziert hat. Werden verschiedene Mittel gemeinsam gespritzt, zählt jedes Mittel gesondert. Die Daten stammen aus dem Netz Vergleichsbetriebe, den PAPA-Erhebungen oder werden im Rahmen der Statistikverordnung (EG) 1187/2009 erhoben.

Risikoindikator SYNOPS

Jede chemische Substanz besitzt unterschiedliche Eigenschaften. Mit dem zuvor beschriebenen Behandlungsindex (BI) kann nicht ermessen werden, welche Risiken von den eingesetzten chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln für Mensch, Tier und Natur ausgehen. So kann ein Mittel, das nur mit einer geringen Konzentration gespritzt wird, wesentlich giftiger für Organismen im Wasser oder für Bodenlebewesen sein, als ein vergleichbares Mittel, das mit einer wesentlich höheren Konzentration ausgebracht wird.

Pflanzenschutz-Risikoindikatoren beziehen sich derzeit in erster Linie auf Risiken für den Naturhaushalt. Im JKI wurde auf der Basis computergestützter Modelle das Modell SYNOPS (Synoptische Bewertung von Pflanzenschutzmitteln) entwickelt. Damit lassen sich Risiken für aquatische und terrestrische Ökosysteme abschätzen. SYNOPS berechnet, welche Organismen durch Pflanzenschutzmittel geschädigt werden können. Für jede Maßnahme bzw. für jede Spritzfolge und jeden Stellvertreterorganismus wird eine Verhältniszahl, der SYNOPS-Risikoindex, errechnet. Je größer diese Verhältniszahl ist, umso größer ist das geschätzte Risiko.

Voraussetzung für die Berechnung der SYNOPS-Indikatoren ist die Verfügbarkeit repräsentativer Anwendungsdaten. Die Daten werden mit den aus der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bekannten Angaben der Hersteller über die chemisch-physikalischen und toxischen Eigenschaften der Mittel sowie deren Anwendungsvorschriften im Modell verknüpft.

In einem europäischen Forschungsvorhaben HAIR (Harmonised environmental Indicators for pesticide Risk) wurden die Grundlagen für ein umfassendes Risiko-Indikatoren-Modellsystem geschaffen. Hier spielt zusätzlich die Gesundheit des Menschen eine Rolle. Das System wird derzeit von den Mitgliedsstaaten getestet. HAIR und SYNOPS sind miteinander kompatibel.

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