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Julius Kühn-Institut (JKI)
Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Kommissarische Leitung
Dr. Thilo Hammann

Adresse
Groß Lüsewitz
Rudolf-Schick-Platz 3a
18190 Sanitz OT Groß Lüsewitz

Sekretariat
Annett Sitte
Tel: 038209 45-200
Fax: 038209 45-222

Gabriele Platek
Tel.: 038209 45-100
Fax: 038209 45-120


E-Mail: zl@  julius-kuehn.  de

Veröffentlichungen
Institutsflyer
Broschüre

 

 

Pre-Breeding

Die Anpassung unserer Kulturpflanzen an künftige Herausforderungen durch Anreicherung ihrer genetischen Diversität hängt davon ab, wie gut es gelingt, die Brücke zwischen pflanzengenetischen Ressourcen und aktuellen Kulturpflanzensorten zu schlagen.

Pflanzengenetische Ressourcen – etwa alte Landsorten einer Kulturart oder mit ihr verwandte Wildarten – enthalten potenziell wertvolle Genvarianten, sind aber meist per se nicht anbauwürdig, weil sie von aktuellen Sorten oft durch viele Jahrzehnte intensiver Züchtungsarbeit getrennt sind. Diese Lücke gilt es durch Prebreeding zu schließen. Prebreeding-Aktivitäten sind methodisch aufwändig. Sie benötigen lange Zeiträume und ihre Erfolgsaussichten sind zu Beginn oft schwer abschätzbar. Pre-breeding liegt im vorwettbewerblichen Raum der Pflanzenzüchtung. Ziel dabei ist nicht die Nutzung genetischer Vielfalt im Rahmen der Sortenzüchtung, sondern ihre Erschließung und Vorbereitung für eine züchterische Nutzung.

Wir greifen genetische Vielfalt auf und erzeugen mit ihr genetisch erweitertes, züchterisch teiladaptiertes Pflanzenmaterial. Damit demonstrieren wir das Nutzungspotential pflanzengenetischer Vielfalt und die Bedeutung, die ihr für die Sicherung unserer Lebensgrundlagen zukommt.

Pre-Breeding für ertragsstarke und ertragssichere Blaue Süßlupinen

Lanbrbo landr1 Markerbild. © Brigitte Ruge-Wehling/JKI
Untersuchung von 20 Pflanzen auf Anwesenheit der Resistenzgene LanrBo und Lanr1 mit molekularen Selektionsmarkern. a) Darstellung des LanrBo-Markers als Schmelzkurve eines PCR-Fragments: 10 Pflanzen sind homozygot für LanrBo (grüne Kurven); die anderen 10 Pflanzen sind LanrBo-negativ (rote Kurven). b) Darstellung des Lanr1-Markers als PCR-Fragment nach Agarosegel-Elektrophorese; dieselben 10 Pflanzen aus Abb. 1a tragen auch den Lanr1-Marker in homozygotem Zustand (rechte Hälfte des Agarosegels), die übrigen 10 Pflanzen sind Lanr1-negativ (linke Hälfte); grün bzw. roFlorian t markiertes PCR-Fragment ist indikativ für Anwesenheit bzw. Abwesenheit des Resistenzgens. © Brigitte Ruge-Wehling/JKI

Die Blaue Süßlupine stellt in Deutschland eine wertvolle Eiweißressource für die Futterverarbeitung und zunehmend auch für die menschliche Ernährung dar. Seit etwa 15 Jahren erforschen wir die Möglichkeiten zur züchterischen Verbesserung dieser vergleichsweise noch wenig bearbeiteten Kulturpflanze. Der Fokus unserer Forschungsarbeit richtet sich neben der Erhöhung des Kornertrages auch auf die Verbesserung der Ertragsssicherheit. Diese wird nicht unerheblich von der Anfälligkeit der Pflanzen gegenüber dem Erreger der Anthraknose, Colletotrichum lupini, der weltweit wichtigsten Pilzkrankheit bei landwirtschaftlich genutzten Lupinen, beeinträchtigt. Bisher sind zwei dominante Gene, Lanr1 und LanrBo, beschrieben worden, für eine erhöhte Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen diesen Erreger beschrieben worden. Durch den Einsatz moderner Werkzeuge der Züchtungsforschung, sogenannter Selektionsmarker, ist es möglich, mit hoher Sicherheit die Anwesenheit dieser Resistenzgene in der Pflanze nachzuweisen und in Kreuzungsprogrammen ihre Weitergabe an die Nachkommen zu verfolgen. Mittels PCR-Analyse können so Pflanzen identifiziert werden, die sowohl das Markerallel für das Resistenzgen LanrBo als auch jenes für das Resistenzgen Lanr1 tragen. Auf diese Weise können wir Zuchtlinien der Blauen Süßlupine, die in mehrjährigen Feldversuchen am JKI in Groß Lüsewitz selektiert worden sind und sich durch hohen Kornertrag und hohe Rohproteingehalte im Korn auszeichnen, durch gelenkte Kreuzungen und anschließende Selbstungen mit den beiden Resistenzgenen gegen Anthraknose in homozygotem (reinerbigem) Zustand ausstatten (Abb. 1). Das auf diese Weise von uns geschaffene Prebreeding-Material kann dann in Sortenzuchtprogramme von interessierten Lupinenzüchtern einfließen, um Sorten zu entwickeln, die Ertragsstärke und Ertragssicherheit in sich vereinen.

Kontakt:
Dr. Brigitte Ruge-Wehling
Florian Haase

 

 

Pre-breeding für nachhaltigen Haferanbau

Resistenzquellen AVE2406 und AVE 2925 nebeneinander im Vergleich zum Saathafer (rechte und linke Doppelreihe)

Saathafer (Avena sativa) ist eine Kulturpflanze mit langer Tradition als Futterpflanze für Pferde. In Folge der Mechanisierung in Verkehr und Landwirtschaft hat der Hafer während der vergangenen hundert Jahre zwar kontinuierlich an Bedeutung und Anbaufläche (2016: 115 000 ha in Deutschland) verloren; dank ihrer ernährungsphysiologischen Vorteile für die menschliche Ernährung werden Haferprodukte aber mittlerweile zunehmend von der Lebensmittelwirtschaft nachgefragt. Hafer wird zudem nach dem Verzicht auf das Schnabelkürzen auch für die deutschen Hennenhalter interessant, um die Tiere bei der Futteraufnahme zu beschäftigen. Hafer ist eine "Gesundungsfrucht", die nicht nur die Infektionszyklen von Getreidekrankheiten wie Halmbruch und Schwarzbeinigkeit unterbricht, sondern auch den Ackerfuchsschwanz unter Kontrolle halten und somit als agrarökologisch wertvolles Fruchtfolgeglied einen Beitrag zu einem ausgewogenen, nachhaltigen Ackerbau leisten kann.

Unsere langfristig angelegten Prebreeding-Anstrengungen sollen dazu beitragen, dieser wertvollen Kulturpflanze eine Zukunft in der deutschen Landwirtschaft zu sichern. Dabei fokussieren wir uns auf Resistenzen gegenüber wirtschaftlich relevanten Schaderregern, ohne indes die agronomischen und qualitätsbestimmenden Merkmale wie Standfestigkeit, Kornertrag, Hektolitergewicht und Spelzengehalt aus dem Blick zu verlieren.

Pilzliche Schaderreger wie Fusarium, Flugbrand (Ustilago avenae) oder Echter Mehltau (Blumeria graminis) spielen eine wichtige Rolle im ökologischen und konventionellen Anbau von Hafer. Resistenz gegen Mehltau wird in Deutschland seit den 1980er Jahren züchterisch bearbeitet und hat zu einer Reihe widerstandsfähiger Sorten geführt, die zunehmend das Sortiment dominieren. Eine Erfolgsgeschichte wird gegenwärtig mit der Wildart A. eriantha CAV0128 als Resistenzquelle geschrieben. Die ersten Kreuzungen dieser Resistenzquelle mit Saathafer wurden 1980 am damaligen Institut für Züchtungsforschung in Quedlinburg vorgenommen; 10 Jahre später wurden die ersten hexaploiden Saathaferstämme mit der Mehltauresistenz mehrortig agronomisch geprüft. Weitere 18 Jahre später wurde die erste Hafer-Sorte  – 'Canyon' – mit der als Pm7 bezeichneten Resistenz aus A. eriantha vom Bundessortenamt zugelassen. Im Jahr 2017 sind weitere vier neue Sorten mit diesem Resistenzgen zugelassen, welches auch unter extrem hohen Infektionsdruck einen stabilen Schutz bietet. Dies zeigt, dass Züchtungsforschung und Züchtung unter Rückgriff auf pflanzengenetische Ressourcen einen wesentlichen Beitrag zu einem nachhaltigen Ackerbau leisten können, wenn die Langfristigkeit solcher Anstrengungen gegeben ist.

Die Dauerhaftigkeit der Resistenz hängt sehr vom Anbauumfang der Sorten und der davon abhängigen Intensität der natürlichen Selektion virulenter Erregerrassen innerhalb der Pathogenpopulation ab. In unseren Forschungsarbeiten legen wir deshalb den Schwerpunkt auf solche pflanzengenetischen Ressourcen, die bislang noch nicht als Resistenzquellen in der Sortenzüchtung genutzt werden. Zu diesen Resistenzquellen gehören die Wildhafer-Arten A. macrostachya, A. occidentalis CAV3889, A. strigosa AVE488 sowie A. byzantina AVE2406 und AVE 2925. Mit diesen Resistenzquellen führen wir gegenwärtig Rückkreuzungsprogramme durch, um agronomisch unerwünschte Eigenschaften, die zusammen mit den Resistenzgenen aus den Wildarten in den Saathafer übertragen werden, schrittweise zu eliminieren und dadurch diese Resistenzressourcen "inwertzusetzen".

Kontakt:
Dr. Matthias Herrmann

Entwicklung von Phytophthora infestans-resistentem Zuchtmaterial für den ökologischen Kartoffelbau (EffiKar)

Blatttest auf Resistenz gegen die Krautfäule (Phytophthora infestans) an Prebreeding-Stämmen (© Michael Sprengel/JKI)

Durch die Vernetzung von Forschungseinrichtungen mit kartoffelproduzierenden Biobetrieben und Kartoffelzüchtern wurde eine gezielte Züchtung von gesunden, leistungsfähigen und wohlschmeckenden Kartoffelsorten für den ökologischen Anbau in Deutschland initiiert, die zu einer Reduktion des Kupfereinsatzes im ökologischen Kartoffelanbau beitragen kann. Mit Hilfe genetischer Ressourcen lassen sich sowohl die Krautfäule-Resistenz als auch die Ertragsstabilität weiter verbessern. Erste Prebreeding-Stämme der Kartoffel weisen ein entsprechendes Leistungspotenzial auf.

Im Vergleich zum konventionellen Anbau steht der ökologische Landbau mit seinen sehr eingeschränkten Möglichkeiten bei der Nutzung von Pflanzenschutzmitteln vor einer weitaus größeren Herausforderung, sich an neue Schaderreger und ständig verändernde Umweltbedingungen anzupassen. Noch immer ist der Befall und die hohe Sortenanfälligkeit gegenüber der Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans (Mont.) de Bary) einer der ertraglich limitierenden Faktoren im ökologischen Produktionssystem. Wir arbeiten an der Bereitstellung von resistentem Ausgangsmaterial für die Kartoffelzüchtung, um dem Schadpotenzial dieses Erregers auf natürliche Weise entgegenzuwirken. Dabei wird in speziellen Kreuzungsprogrammen neues Ausgangsmaterial erzeugt, das verbesserte Resistenz- und Qualitätseigenschaften aufweist. Die Selektion dieser Neukombinationen erfolgt auf der Grundlage mehrortiger und mehrjähriger Feld- und Laboruntersuchungen. Parallel dazu wird der Kartoffel-Genpool durch moderne molekulare Analysemethoden charakterisiert. Dabei werden molekulare Marker identifiziert, die mit wertvollen Eigenschaften einzelner Zuchtklone assoziiert sind. Durch diese Marker wird eine präzise und effektive Auswahl von Neukombinationen durch markergestützte Selektion bereits im Sämlingsstadium ermöglicht.

Unsere Forschungsaktivität ist eingebunden in das „Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN)“, mit welchem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) einschlägig ausgerichtete Forschung fördert. Wir arbeiten mit der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL, www.LfL.bayern.de), dem Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK), Groß Lüsewitzer Kartoffelsortimente (GLKS, www.ipk-Gatersleben.de), Bioland GmbH (www.bioland.de), Naturland e.V. (www.naturland.de) und dem Ökoring Niedersachsen e.V. (www.oeko-komp.de) zusammen.

Relevante deutschsprachige Veröffentlichungen
„Krankheiten im Keim ersticken“, Artikel im Forschungsreport spezial 2015 des BMEL, https://www.bmel-forschung.de/index.php?id=889
Pre-breeding bei der Kartoffel (Solanum tuberosum) zur Verbesserung der Resistenz gegen Phytophthora infestans“.Journal für Kulturpflanzen 72(12), 577–585

Kontakt:
Dr. Thilo Hammann