Inhalt: Interview mit den zwei Verantwortlichen Koordinatorinnen des JKI-Stabsstelle Ökolandbau
2x5 Fragen an das Koordinatorinnen-Duo, Sara Preißel-Reckling (SP) und Dr. Theresa Kabakeris (TK)
Die Stabsstelle ökologischer Landbau existiert offiziell seit 2023 am JKI. Ihre Vorläufereinrichtung wurde bereits 2018 auf Initiative der Forschungskoordination am JKI-Fachinstitut für Strategien und Folgenabschätzung als interne Vernetzungs- bzw. Koordinierungsstelle angesiedelt. Prof. Dr. Stefan Kühne war hier langjährig, engagiert und verlässlich als Koordinator tätig. Er war Ansprechperson für die Kolleginnen und Kollegen, die an den 17 Fachinstituten und Standorten vielfältige Aspekte des Pflanzenschutzes im ökologischen Landbau bearbeiteten, etwa Nützlingseinsatz, Naturstoffe und alternative Methoden. Es gilt, die vielfältigen Ergebnisse, die vorwiegend in Drittmittelprojekten für diese Bewirtschaftungsform erzielt wurden, intern zu vernetzen und nach außen besser sichtbar zu machen. Aktuell teilen sich Sara Preißel-Reckling und Dr. Theresa Kabakeris die Koordination der Stabsstelle.
Wie viel Ökoprojekte laufen derzeit am JKI an wie vielen Instituten?
Sara Preißel=SP: Bei Projekten, die ab 2022 laufen, kennzeichnen wir systematisch und auch rückwirkend diejenigen, die explizit auf den ökologischen Landbau ausgerichtet sind, das sind aktuell 49 Projekte. Weitere 81 Projekte haben eine, wie wir es nennen „erkennbare Relevanz“ für den ökologischen Landbau, beziehen aber weitere Anbausysteme ein. Diese Forschung läuft an 17 der insgesamt 18 Fachinstitute des JKI. Es tragen also fast alle bei. Von der Rebenzüchtung bis zum Bienenschutz sind vielfältigste Themen rund um den Anbau von Kulturpflanzen vertreten. Und natürlich laufen auch noch Projekte, die vor unserer Kategorisierung begonnen wurden, das sind nochmal mindestens 29 Projekte. Somit trägt aktuell gut ein Drittel der laufenden Forschungsprojekte am JKI zur Weiterentwicklung des ökologischen Landbaus bei.
Welcher Anteil davon sind Drittmittelprojekte, was sind Daueraufgaben?
SP: Die Forschung des JKI im Anbausystem ökologischer Landbau ist seit jeher überwiegend Drittmittel-finanziert, das trifft auf 73 % der genannten Projekte zu (95 Projekte). Diese werden traditionell überwiegend durch das Bundesprogramm ökologischer Landbau (BÖL) gefördert, aber auch andere BMEL-Programme wie die Eiweißpflanzenstrategie, das BMBF, die DFG, die EU oder einzelne Bundesländer treten als Mittelgeber auf.
Theresa Kabakeris=TK: Es ist eines unserer Anliegen, langfristig mehr haushaltsfinanzierte Öko-Forschung anzustoßen. Dies ist wichtig, da z.B. ökologische Veränderungen in Böden oder die Forschung innerhalb von Systemen, wie sie für den ökologischen Landbau typisch ist, nun mal Zeit brauchen. Auch von der JKI-Leitung wurden haushaltsfinanzierte Vorhaben unterstützt: Über eine interne Ausschreibung wurden 2022 Ideen für Systemforschungsansätze quer über die drei Fachbereiche des JKI gesucht (Pflanzengenetische Vielfalt und Züchtungsforschung, Schutz der Kulturpflanzen, Agrarökosysteme, Anm. der Redaktion).
Womit beschäftigen sich die Haushaltprojekte?
SP: Es wurden zwei institutsübergreifende Haushaltsprojekte ins Leben gerufen, um die Forschung zum Wurzel-Mikrobiom im Projekt Resist und zur biologischen Bekämpfung bakterieller Schaderreger im Projekt ABBAonFire für den ökologischen Landbau mit einem Gesamtvolumen über 1 Mio Euro pro Jahr voranzutreiben (siehe dazu auch die Newslettermeldung Rubrik/Projektstarts). Die Auswahl hat der wissenschaftliche Beirat des JKI unter 13 eingereichten Skizzen getroffen. Als Daueraufgaben werden außerdem zum Beispiel Viren im ökologischen Leguminosenanbau erfasst oder genetische Ressourcen wichtiger Öko-Kulturen, z.B. Hafer charakterisiert.
Wie ist die Stabsstelle ökologischer Landbau aufgestellt, wie organisieren Sie sich?
SP: Am Institut für Strategien und Folgenabschätzung haben wir eine volle Stelle zur Verfügung, die wir aktuell unter uns aufteilen. Das bringt viele Vorteile, z.B. Veranstaltungen zu zweit organisieren zu können und uns an anderer Stelle auf Themen oder Ansprechpersonen zu spezialisieren. Es ist einfach sehr hilfreich, sich mit einer anderen Person auszutauschen.
TK: Stimmt, ich schätze den Austausch mit Sara sehr und konnte z.B. im Bereich Ackerbau und in der Züchtung mein Wissen erweitern. Natürlich ist auch viel Abstimmung erforderlich und dabei den Überblick über die vielfältigen Aufgaben zu behalten, ist herausfordernd.
SP: Die Aufteilung ermöglicht uns beiden, über die Stabsstelle hinaus noch in weiteren wissenschaftlichen Projekten tätig zu sein, was wir auch schätzen.
Was sind ihre konkreten Aufgaben/was ist ihr Selbstverständnis von ihrer Funktion?
SP: Wir sehen uns als Mittler und Initiatoren für den Austausch zwischen Akteuren der ökologischen Forschung innerhalb des JKI und auch nach außen. Wir freuen uns dabei stets auf die große Expertise zurückgreifen zu können, die die Forschenden am JKI zu den Themen mitbringen.
TK: Pro Fachinstitut haben wir eine Ansprechperson, mit denen wir uns regelmäßig zum Austausch treffen, oft online, zu Themen über verschiedene Anbaubereiche und Disziplinen hinweg. In den Präsenztreffen lernen wir einzelne Standorte genauer kennen und diskutieren auch strategisch, wie wir die Arbeit zum ökologischen Landbau voranbringen können. Dabei halten wir das Netzwerk regelmäßig über Neuigkeiten, von Forschungsaufrufen bis zu Veranstaltungen und politischen Entwicklungen, auf dem Laufenden.
SP: Wir stehen im Austausch mit dem Fachreferat des Ministeriums und bringen uns hier ein, etwa bei der Identifikation von Forschungsprioritäten und engagieren uns in einer übergreifenden Steuerungsgruppe des BMEL für gemeinsame Aktivitäten der Ressortforschungseinrichtungen.
Welche größeren Schritte planen Sie für die Zukunft?
SP: Am Versuchsstandort Dahnsdorf befindet sich aktuell eine 6 ha große Versuchsfläche in der Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung. Wir planen diesen für eine langfristig angelegte Untersuchung zur Verknüpfung von Kulturartenvielfalt und Fruchtfolgeeffekten in Kooperation mit weiteren Forschungseinrichtungen und deren Versuchsstandorten zu nutzen und sind in der Sondierungsphase.
TK: Zudem wollen wir in Zusammenarbeit mit weiteren Ressortforschungseinrichtungen ein Netzwerk für Forschung zu Innovationen in ökologischen Praxisbetrieben ins Leben rufen. Und auch die intensivierte Vernetzung mit weiteren Akteuren des ökologischen Sektors steht auf der Agenda, was ein kontinuierliches Engagement erfordert.
Wie/mit welchen Maßnahmen möchten Sie die Sichtbarkeit der JKI-Ökolandbauforschung weiter voranbringen?
SP: Diese Sichtbarkeit ist ein weiterer ganz zentraler Punkt für die Kooperationsmöglichkeiten des JKI. Wir intensivieren dazu einerseits die Präsenz und Fachbeiträge des JKI auf wichtigen Veranstaltungen der ökologischen Branche. Andererseits befördern wir den aktiven Austausch in beiden Richtungen, indem wir andere Forschende im Bereich ökologischer Landwirtschaft in JKI-Veranstaltungen einbinden, z.B. auf der Pflanzenschutztagung oder in JKI-organisierten Workshops.
Traditionell ist das JKI Mitaussteller auf dem BMEL-Stand auf der Biofach-Messe und zeigt dort Forschung zum Anfassen. Wie bewerten Sie die Teilnahme des JKI auf der Erzeugermesse?
SP: Auf dieser internationalen Leitmesse treffen sich über die Unternehmen der ökologischen Lebensmittelbranche hinaus wichtige nationale und internationale Verbände und Dachorganisationen, die in Forschung und agrarpolitische Entwicklungen eingebunden sind. Das zeigt auch das angegliederte Kongressprogramm, das z.B. stets einen „Science Day“ beinhaltet. Ich war auch in meiner vorigen Position nun mindestens vier Mal auf der BioFach, und das Interesse an den Standpräsentationen des JKI war stets sehr hoch und das Publikum vielfältig.
TK: Ich war zunächst skeptisch, ob für uns als Forschungsinstitut die Präsenz dort lohnt. Doch nach der diesjährigen Biofach kann ich sagen, dass wir dort eine Vielzahl wichtiger Kontakte gewinnen konnten, was auch durch das Engagement der schon erwähnten BMEL-Steuerungsgruppe initiiert wurde. Außerdem erreichten uns dort viele Produzenten und Händler, die vor allem mit Fragen aus dem Vorratsschutz und dem Bereich Arznei- und Gewürzpflanzen zu uns kamen. Auch die Vorträge und Diskussionen im Kongress gaben wichtige Einblicke in Entwicklungen der Branche, die zum Teil mit unseren Forschungsthemen direkt verknüpft sind. Insgesamt sehe ich unsere Präsenz dort daher als sehr wertvoll an!
Gibt es bezüglich der JKI-Aktivitäten auf der Biofach neuere Entwicklungen?
SP: Wir haben in diesem Jahr zum ersten Mal einen gemeinsamen Kongressbeitrag mit mehreren Vorträgen mit dem Max Rubner-Institut und Moderation durch eine Bioland-Beraterin organisiert, zum Thema „Genetische Vielfalt – erhalten und nutzen“. Das wurde sehr gut angenommen. Die Steuerungsgruppe für Forschung in der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft unterstützt uns dabei, einrichtungsübergreifende Beiträge zu entwickeln, was wir in Zukunft weiter verstärken wollen.
Das JKI wird in diesem Juni (18.+19.6.2025) erstmalig mit einem eigenen Stand auf den Öko-Feldtagen vertreten sein. Was versprechen Sie sich von diesem Auftritt und welche thematische Ausrichtung hat der JKI-Stand?
TK: Die Öko-Feldtage sind ein wichtiger Treffpunkt der ökologischen Praxisbetriebe, wo Innovationen der Industrie und natürlich Forschungsthemen präsentiert werden. Das JKI kann hier Kompetenz in wichtigen Bereichen vermitteln, die in Teilen noch zu wenig bekannt ist und somit auch stärker als Partner wahrgenommen werden. Wie bereits angesprochen ist solche Forschung in Praxisnetzwerken gerade im ökologischen Anbau sehr wichtig und erfordert einen intensiven Austausch, um gute Netzwerkstrukturen aufzubauen. Umgekehrt ist es für die Mitarbeitenden des JKI, von denen etliche vor Ort sind, ebenfalls spannend, die Vielfalt und die Möglichkeiten dort zu erleben. Wir haben hier ganz bewusst etwas großzügiger geplant, um den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit zu geben, sich zu informieren.
Es dreht sich alles um die zwei im ökologischen Landbau bedeutenden Kulturen Möhre und Erbse, zu denen insgesamt 5 Forschungsprojekte aus 4 Fachinstituten präsentiert werden. Es sind einmal Aspekte aus der Züchtungsforschung zur Resistenz gegenüber Nematoden an Möhre zu Pilzresistenz bei Erbse zu finden. Außerdem sind Maßnahmen im Management zum Schutz vor Fraßschäden durch Vögel und Mäuse vertreten. Auch die Zunahme von Virusinfektionen an Erbse ist ein wichtiges Thema. Wie bei der Biofach, ist auch hier ein Fachbeitrag im Bühnenprogramm vertreten. Andreas Stahl wird hier mit Referenten aus der ökologischen Züchtung, Forschung sowie dem Saat- und Pflanzgutbereich über Herausforderungen bei der, Züchtung resilienter Sorten diskutieren. Wir stecken mitten in den Vorbereitungen und sind schon sehr gespannt. https://www.julius-kuehn.de/veranstaltungen/e/event-6259?cHash=03443e7d999e7adec2248e73100f8aa1
das Gespräch führte Stefanie Hahn (Pressesprecherin des JKI)
Hintergrundinfo zu JKI-Versuchsflächen:
Auf 41 ha, verteilt auf sieben Standorte, bewirtschaftet das JKI ökologisch zertifizierte Versuchsflächen. Langjährig etabliert sind die Flächen in Ahlum, Berlin-Dahlem, Dahnsdorf, auf Gut Gamig in Sachsen und in Groß Lüsewitz. 12 weitere Hektar befinden sich aktuell noch in der Umstellung, davon 1,5 ha Rebflächen in Siebeldingen und 9,5 ha Obstflächen in Dossenheim. Im brandenburgischen Dahnsdorf sind noch einmal 6 ha zu den bereits bestehenden 6,7 ha dazu gekommen. Diese neuen Flächen sollen unter praxisähnlicheren Bedingungen bewirtschaftet werden. Auf solchen größeren zusammenhängenden Flächen können gezielt Untersuchungen zu mobilen Schadorganismen und Gegenspielern und Ökosystemfunktionen angelegt werden. Für die Züchtung ist es auch wichtig, Einschätzungen zur Eignung ihrer Sorten für ökologische Anbaubedingungen sammeln und weitergeben zu können.